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Abschluss des Weltwirtschaftsforums

30. Januar 2011

"Gemeinsame Regeln für die neue Wirklichkeit" wollte man auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos finden. Geblieben sind aber vor allem viele Fragen, meint Henrik Böhme.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

In den vergangenen fünf Tagen wurden hoch oben im verschneiten Schweizer Bergdorf Davos viele interessante Fragen gestellt. Ob es normal sei, so zum Beispiel Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, wenn Spekulanten mit 15 Prozent des Kakao-Weltmarktes in einer einzigen Transaktion handeln könnten, ohne einen Cent dafür zu bezahlen? Oder Azim Premji, Software-Milliardär aus Indien. Er fragte, ob es denn sein könne, dass eine Milliarde Menschen in den Industriestaaten drei Milliarden Menschen in den Schwellenländern teure Produkte verkaufen, aber von dort nur billige kaufen? Und schließlich Zhu Min, ranghöchster Chinese beim Internationalen Währungsfonds: Er stellte gleich das ganze westliche Wirtschaftsmodell in Frage.

Zu viel Konjunktiv

Henrik Böhme (Foto: DW)
Für DW-WORLD.DE in Davos: Henrik Böhme, WirtschaftsredaktionBild: DW

Mit den Antworten auf diese und andere Fragen allerdings war es so eine Sache beim Treffen der selbsternannten Weltelite in Davos. Müsste, könnte, sollte - mehr war da nicht. Dabei ist der Ansatz von Gastgeber Klaus Schwab durchaus richtig: Man will auf diesem Forum die Dinge im Zusammenhang betrachten und nach übergreifenden Lösungen suchen. Fakten und Erkenntnisse sind ja genügend vorhanden. Derzeit verbrauchen 16 Prozent der Weltbevölkerung fast 80 Prozent der Weltressourcen. Die Nachfrage nach Wasser, Nahrungsmitteln und Energie wird in den kommenden Jahren um 30 bis 50 Prozent steigen. Was geschieht, wenn steigende Preise und unsichere Zukunftsperspektiven Menschen auf die Straße treiben, ist dieser Tage in Nordafrika zu sehen.

Vorsichtige Denkansätze

Nur ausgewogenes, nachhaltiges Wachstum kann den Wohlstand von Milliarden Menschen mehren. Für die entwickelten Staaten bedeutet das: Sie müssen von ihrem Wohlstand etwas abgeben. Das hat in Davos niemand so gesagt - zumal die Dekadenz während des Forums hier ihr Zuhause hat. Immerhin hat sich nach der Krise die Einsicht durchgesetzt, dass es mit dem "Wohlstand auf Pump" nicht weitergehen kann. Entsprechend forderte Forumsgründer Klaus Schwab eine "Wende zum Weniger". Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel entwickelte eine Vision in diese Richtung, indem sie von "globaler Verantwortung" sprach. Noch sind das alles sind zunächst nur Worte - die Umsetzung verlangt eine radikale Änderung unseres heutigen Denkens.

Radikales Umdenken muss her

Denn es sind noch die Denkmuster des vergangenen Jahrhunderts, nach denen wir wirtschaften und mit denen Politik gemacht wird. Damit konnte zwar gerade noch die große Krise eingedämmt werden, mehr aber auch nicht. Nein, es braucht etwas ganz Neues. Wer von nachhaltigem Wirtschaften spricht wie Angela Merkel, der kann nicht das angelsächsische Shareholder-Value-Modell meinen. Dies war der Nährboden für Exzesse an den Finanzmärkten. Alles für das Wohl der Aktionäre - das kann nicht das Wirtschaftsmodell des 21. Jahrhunderts sein. Was aber wollen wir? Kurzfristiges Gewinnstreben oder langfristiges Allgemeinwohl? Das wird die große Debatte der nächsten Jahre. Davos konnte allenfalls einen Denkanstoß geben, aber keine Antworten.

Autor: Henrik Böhme, zzt. Davos
Redaktion: Thomas Grimmer