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Von wegen Weltkirche

18. Februar 2012

Papst Benedikt nimmt neue Kardinäle in sein wichtigstes Beratergremium auf. Die meisten davon stammen aus Europa. Die weltweite Entwicklung spiegelt das keinesfalls wider.

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Papst Benedikt XVI. (Mitte) spricht mit Kardinal Friedrich Wetter (l.) und dem Erzbischof von Muenchen und Freising, Kardinal Reinhard Marx (Foto: dapd)
Die Zahl der deutschen Kardinäle steigt auf neunBild: dapd

Kenner der katholischen Kirche sprechen seit Jahren vom Trend zur Weltkirche. Als Beleg führen sie an, dass die Zahl der Katholiken in Lateinamerika immer weiter zunimmt, im mitunter als glaubensschwach kritisierten Europa dagegen rückläufig ist. Doch diese Veränderung spiegelt sich im Kreis der Kardinäle nicht wider.

Die Kardinäle sind nicht nur die höchsten katholischen Würdenträger nach dem Papst, sondern auch seine wichtigsten Berater. Zudem bilden sie den Kreis derer, die die Papstwahl organisieren und schließlich auch das Kirchenoberhaupt wählen. Benedikt XVI. nimmt am Samstag (18.2.2012) 22 Bischöfe neu in den Kreis der Kardinäle auf. Allerdings sind vier von ihnen bereits älter als 80 Jahre und dürfen somit nicht mehr an einer Papstwahl teilnehmen.

Papst Benedikt XVI im Vatikan (Foto: dpa)
Papst Benedikt XVI mit Kardinälen in VatikanBild: picture-alliance/dpa

Europäische Dominanz

Im Ergebnis wird der Anteil der Europäer an den zur Papstwahl zugelassenen Kardinälen so hoch sein wie seit Jahrzehnten nicht mehr – nämlich 67 von 125. Fast jeder vierte unter ihnen ist Italiener. Eigentlich hatten viele Experten damit gerechnet, dass die traditionell starke Rolle der Italiener im Kardinalskollegium und in der Kurie, dem vatikanischen Apparat, zurückgehen werde. Nun ist offenbar das Gegenteil der Fall.

Auch wenn das Kardinalskollegium keine repräsentative Instanz ist, so spiegelt ihre Zusammensetzung die Veränderungen im Weltkatholizismus während der vergangenen Jahrzehnte in keiner Weise wider. Nur mehr gut jeder vierte Katholik weltweit lebt noch in Europa. Dagegen ist etwa die Hälfte aller Katholiken Amerikaner - ganz überwiegend Lateinamerikaner. Knapp die Hälfte der weltweit rund 1,2 Milliarden Katholiken spricht Portugiesisch oder vor allem Spanisch.

Papst Benedikt XVI in Benin (Foto: AP/dapd)
Lebendige Weltkirche: Der Papst in Benin, November 2011Bild: dapd

Lateinamerika ist unterrepräsentiert

Doch gerade die Staaten, in denen der Katholizismus boomt, sind im Kreis der Papstwähler unterrepräsentiert: Brasilien stellt künftig sechs Kardinäle unter 80 Jahren und Mexiko gerade einmal vier. Würde aktuell ein neuer Papst gewählt, dann kämen lediglich 22 Kardinäle aus Lateinamerika.

Schaut man sich nun die europäischen Kardinäle genauer an, dann ist Deutschland nach Italien das häufigste Herkunftsland. Nun überreicht der Papst zwei weiteren Deutschen den Kardinalspurpur. Damit steigt die Anzahl der deutschen Kardinäle auf neun und ist damit so hoch wie noch nie. Weiterer Superlativ: Der derzeitige Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki wird mit seinen 55 Jahren künftig der jüngste Kardinal weltweit sein.

Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki (Foto DW)
Rainer Maria Woelki, Erzbischof des Bistums Berlin/BrandenburgBild: DW

Die Zeremonie wird noch einen weiteren Einschnitt markieren. In Zukunft wird nämlich knapp die Hälfte der möglichen Papstwähler – nämlich 63 von 125 Kardinälen - von Papst Benedikt XVI. selbst bestimmt worden sein. Zwar sagt der nationale und kontinentale Proporz über mögliche Favoriten in einer der nächsten Konklaven nicht wirklich viel aus. Denn bei der Papstwahl geht es eher um theologische Schulen oder Freundeskreise, auch um die Konkurrenz der „Kurialen“ -  also der Kardinäle aus der römischen Kurie - zu den wichtigen Diözesen und Erzdiözesen weltweit. Dennoch scheinen die Chancen eines Lateinamerikaners, Nachfolger Petri zu werden, auf absehbare Zeit begrenzt.

Autor: Christoph Strack
Redaktion: Birgit Görtz