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Blutbad im Jemen

20. März 2015

Ein blutiger Tag in Jemens Hauptstadt Sanaa: Mehr als 120 Menschen sind durch Selbstmordanschläge getötet worden, zu denen sich der IS bekannte. Damit rückt die Gefahr eines offenen Bürgerkriegs näher.

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Selbstmordattentate auf Moscheen im Jemen
Bild: picture-alliance/dpa/Arhab

In der Badr-Moschee im Süden von Sanaa haben Selbstmordattentäter ein Blutbad angerichtet. Zunächst sprengte sich einer der beiden Angreifer im Inneren des Gebäudes in die Luft, berichteten Augenzeugen und Rettungskräfte. Dann zündete ein zweiter Attentäter seinen Sprengsatz, als die Gläubigen aus dem Gotteshaus flohen. Ein weiterer Selbstmordanschlag richtete sich gegen die Al-Haschusch-Moschee im Norden der Hauptstadt. Beide Moscheen werden von Anhängern der schiitischen Huthi-Miliz besucht. Bei den Anschlägen starben mehr als 140 Menschen, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Andere Quellen gaben etwas niedrigere Zahlen an. Mindestens 350 Menschen wurden verletzt. Angesichts der zahlreichen Opfer riefen Krankenhäuser in Sanaa zu Blutspenden auf.

Auch in der Huthi-Hochburg Sadaa versuchte ein Selbstmordattentäter, sich in einer Moschee in die Luft zu sprengen. Seine Bombe explodierte jedoch nach Angaben eines Mitarbeiters der Sicherheitskräfte früh, so dass nur der Angreifer selbst umgekommen sei.

IS bekennt sich zu Anschlägen

Zu den Taten bekannte sich die sunnitische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). "Ungläubige Huthis sollten wissen, dass die Soldaten des Islamischen Staates nicht ruhen werden, bis sie sie ausgerottet haben", hieß es in dem im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben der Dschihadistenmiliz. Mit dem Anschlag wolle der IS den iranischen "Plan im Jemen" durchkreuzen, hieß es. Der Iran wird verdächtigt, die schiitische Huthi-Miliz zu unterstützen. "So Gott will, ist dieser Einsatz nur Teil einer kommenden Flut", hieß es in der Erklärung weiter.

Ein Sprecher des Präsidialamts in Washington sagte allerdings, die USA könnten nicht bestätigen, dass die Anschläge wirklich auf das Konto des IS gingen. Es gebe keine klare Verbindung zwischen den Attentätern und der Islamisten-Miliz.

Infografik Politische Karte Jemen
Bild: Reuters/Khaled Abdullah

International wurden die Anschläge scharf verurteilt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Der UN-Chef forderte alle Beteiligten des Konflikts im Jemen dazu auf, die feindlichen Handlungen sofort einzustellen und Zurückhaltung zu wahren. Auch das Auswärtige Amt verurteilte die Anschläge. Sie seien "ein weiterer zynischer Versuch, Hass und Gewalt zwischen den Bevölkerungsgruppen anzuheizen", erklärte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Das "anhaltende Machtvakuum" im Jemen führe zu einer "weiteren Destabilisierung des Landes".

Jeder gegen jeden

Im Jemen herrschen seit Jahren politisches Chaos und Gewalt. Bislang war die Terrororganisation "Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel" (AQAP) in dem Land die dominierende Dschihadistenorganisation. Sie kämpft unter anderem gegen die schiitischen Huthis.

Seit September hat sich die Lage noch einmal drastisch verschärft - mehrere Länder, darunter Deutschland und die USA, haben ihre Botschaften im Jemen geschlossen: Die schiitische Huthi-Rebellen hatten zunächst weite Teile der nördlichen Landeshälfte unter ihre Kontrolle gebracht. Sie gelten als Verbündete des 2012 entmachteten Präsidenten Ali Abdullah Saleh und hatten sich nicht ausreichend von der Regierung repräsentiert gefühlt. Der Streit war eskaliert, nachdem die Huthis eine geplante Landreform abgelehnt hatten. Im Januar übernahmen sie mit der Stürmung des Präsidentenpalastes die Kontrolle über die Hauptstadt Sanaa.

Jemen Bombenanschlag in einer Moschee in Sanaa

Der von den Vereinten Nationen anerkannte Präsident Abd-Rabbu Mansur Hadi wurde zunächst von den Rebellen unter Hausarrest gestellt und zum Rücktritt gezwungen. Dann schaffte er es, sich nach Aden in den Süden abzusetzen, wo viele seiner Anhänger leben. Mit Unterstützung sunnitisch geführter Golfstaaten versucht er von dort, eine neue Machtbasis in der Hafenstadt aufzubauen.

Am Donnerstag erreichte der Machtkampf zwischen Hadi und der Huthi-Miliz auch Aden. Bei Kämpfen zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten um die Kontrolle des Flughafens wurden mindestens elf Menschen getötet und mehr als 50 weitere verletzt. Ein Kampfflugzeug griff Hadis Residenz an. Der Präsident sprach von einem "gescheiterten Putschversuch".

chr/stu (dpa, rtr afp)