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Medwedew denkt, Putin lenkt

17. März 2010

Fast zwei Jahre ist Medwedew nun Kremlchef. Halbzeit! Viel hatte er vor, wenig traute man ihm zu. Alle blickten weiter auf Vorgänger Putin. Doch eines hat der junge Präsident immerhin geschafft: Er ist noch im Amt.

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Artikelbild Fernschreiber Moskau
Bild: DW

Die letzten Wochen lächelten sie wieder vereint und selbstbewusst von vielen Haus- und Plakatwänden: Präsident Dmitri Medwedew und sein Ziehvater und Vorgänger, Premier Wladimir Putin. Das Tandem, die Staatsführung, die zwei Köpfe trägt wie der Adler, der das russische Staatswappen ziert.

Es war gerade Wahlkampf in Russlands Regionen und die Kremlpartei "Einiges Russland" hat längst nicht so erdrutschartig gesiegt wie sonst. Die Wähler haben dem Tandem einen Dämpfer verpasst. Viele Russen sind unzufrieden mit dem Krisen-Management der beiden.

Wer ist der Herr im Haus?

Umso mehr flammen wieder Diskussionen darüber auf, wer denn im Land tatsächlich das Sagen habe. Putin? Oder Medwedew? Laut Verfassung ist die Sache klar: Der Präsident ist Herr im Haus Russland! Medwedew, der junge Modernisierer, der nicht müde wird zu mahnen, dass es mit Russland vorwärts gehen muss, raus aus der Rohstoffabhängigkeit, hinein in eine leuchtende High-Tech-Zukunft. Medwedew gründete eigens eine Denkfabrik zu diesem Zweck.

Tatsächlich ist wenig passiert seit seinem Amtsantritt. Das sagen nicht nur Kremlkritiker im Lande. Das bemängeln auch internationale Beobachter wie Transparency International, das Weltwirtschaftsforum oder die Weltbank. Korruptionsbekämpfung? Rechtssicherheit? Freundliches Klima für Investoren und Innovationen? Russland rangiert da unter gut 190 Staaten der Welt im unteren Drittel, oft hinter Staaten wie Nigeria, Kenia oder Äthiopien. Und: es ist schlimmer geworden mit Russland unter Medwedew.

Russland in die NATO?

Putin und sein Clan hindere den jungen Präsidenten daran, das Land schneller und entschiedener voranzubringen, sagen die, die an den Reformwillen des Präsidenten glauben wollen oder müssen. Mit seiner "manuellen Steuerung" von Fördermitteln für besonders arg von der Krise getroffene Betriebe, Banken und "businessmeny" verhindere Premier Putin des Präsidenten Reformdrang.

Alles Unsinn, sagen dagegen viele Politikwissenschaftler. In Russlands so genannter "souveräner Demokratie" lenkt immer noch Putin allein, sind sie sicher. Alles Mühen Medwedews nur Makulatur! Das Modernisierungs-Papier seiner Denkfabrik enthalte sogar bewusst Vorschläge, die Medwedew ins Straucheln bringen und verhindern sollen, dass er sich als Präsident zur Wiederwahl stellt, glaubt Michail Tulski vom "Moskauer Zentrum für politische Analyse": eine NATO-Mitgliedschaft Russlands zum Beispiel. Mit solch einem Vorschlag bleibt man sicher nicht Chef im Kreml. Medwedew sei nur Platzhalter für Putin, der nach zwei Amtszeiten gemäß Verfassung pausieren musste.

Schon in zwei Jahren sind wieder Präsidentschaftswahlen in Russland. Und dann ist Medwedew Geschichte. Alles andere wäre eine Überraschung.

Autor: Markus Reher

Redaktion: Dеnnis Stutе