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Medienvielfalt in Gefahr

22. Februar 2002

Seit Wochen wächst die Aufregung in Italien: Silvio Berlusconi, Ministerpräsident und zugleich Herr über die drei größten privaten TV-Sender im Land, hat das staatliche Fernsehen RAI im Visier.

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Medienmogul und Regierungschef Silvio BerlusconiBild: AP

Berlusconi hat bereits damit gedroht, dass die Führungsspitze der Staatsprogramme wegen missliebiger politischer Ausrichtung den Hut nehmen muss. Doch seine Pläne gehen viel weiter - am liebsten will er die Konkurrenz privatisieren. Und die Chancen, dass ihm das gelingt stehen nicht schlecht.

Dabei helfen soll die anstehende Nominierung eines neuen Verwaltungsrates für die öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radioanstalt RAI (Radioaudizioni italiane). Die Nominierung fällt unter die Kompetenz der Präsidenten der beiden Parlamentskammern, und die gehören dem Berlusconi-Bündnis an.

Ein Gremium ganz nach Berlusconis Wunsch

Der Weg für eine parteipolitische Auswahl der Kandidaten wäre also frei, das befürchtet zumindest die Opposition. Die Lega Nord, Koalitionspartner von Berlusconi, hat bereits Anspruch auf einen Sitz im fünfköpfigen Aufsichtsrat angemeldet. Je ein Sitz dürfte auch Berlusconis Forza Italia und der aus der neofaschistischen MSI hervorgegangenen Nationalen Allianz zufallen, der zweitgrößten Regierungspartei.

Somit entstünde ein Gremium, wie es sich Berlusconi wünscht. Der Ministerpräsident hat in der Vergangenheit RAI vorgeworfen, einseitig zu Gunsten der politischen Linken zu berichten. Der Sender sei in der "Hand der Linken", die Regierung wolle jedoch ein "ausgewogenes, objektives öffentliches Fernsehen".

Versprechen nicht eingelöst

Berlusconi wird in der Frage über die Zukunft der RAI vorgeworfen, wegen des von seiner Familie kontrollierten Medienkonzerns Mediaset in einem Interessenkonflikt zu stehen. Diesen Interessenkonflikt zwischen seiner Position als TV-Magnat und als Regierungschef hat er immerhin eingeräumt. Im Mai versprach er feierlich, ihn innerhalb von 100 Tagen nach Amtsantritt zu lösen. Davon ist heute keine Rede mehr.

Die Situation ist in der Tat einzigartig in Europa: Die drei Programme des Berlusconi Familienunternehmens Mediaset (Italia 1, Rete 4, Canale 5) sind direkte Konkurrenten von RAI und deren ebenfalls drei Programmen. Beide Sender liefern sich Kopf-an-Kopf-Rennen um Einschaltquoten, gemeinsam kontrollieren sie über 90 Prozent des Marktes. Steigende Quoten für die eine Seite bedeuten Verluste bei Werbeeinnahmen für die andere Seite. Kenner sind sich einig: Ohne seine TV-Macht wäre der Unternehmer Berlusconi niemals so rasch in der Politik aufgestiegen. (pg)