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Mazedonien: Ohrid-See wird erforscht

26. Oktober 2006

Der Ohrid-See ist einer der ältesten Seen der Welt und gilt als eines der größten Naturschutzgebiete in Europa. Viele nennen ihn die „Perle des Balkans“. Aber er ist gefährdet: durch Phosphate und die Klimaerwärmung.

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Blick in die Tiefen der VergangenheitBild: dpa

Der Ohrid-See ist einst durch tektonische Erdverschiebungen entstanden. Sein Alter wird auf zwei bis vier Millionen Jahre geschätzt. Wegen seiner historischen Bedeutung und einzigartigen Flora und Fauna gehört der See seit 1980 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Die jüngsten wissenschaftlichen Untersuchungen haben gezeigt, dass die ökologische Stabilität des Sees durch die wachsende Bevölkerung im Einzugsgebiet gefährdet ist.

Schutzmaßnahmen

Die Hauptursache für die Verschmutzung ist die gestiegene Abwasser- und Schadstoffzufuhr aus den Haushalten, der Landwirtschaft und der Industrie. Beide Faktoren tragen zur Erhöhung der Phosphatkonzentration im See bei, und dies kann für die Flora und Fauna - vor allem in großen Tiefen - schädlich sein. Zwei Drittel des Sees gehören zur Republik Mazedonien, ein Drittel zur Republik Albanien. Beide Länder haben ein Abkommen für den Schutz und die Erforschung dieses Ur-Sees unterzeichnet. Außerdem wurde ein Forschungsprojekt gestartet, das von der Weltbank und der Schweizer Regierung finanziell und technisch unterstützt wird.

Hervorragender Zustand bescheinigt

Professor Dr. Alfred Wüest von der Schweizer Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung (EAWAG) ist an dem Projekt direkt beteiligt. Im Gespräch mit DW-RADIO erläutert er die ersten Ergebnisse der Analysen in Ohrid. "Wir konnten feststellen, wie viel Phosphor – das ist der wichtigste Nährstoff für diesen See – hineingelangt. Wir haben außerdem ermittelt, dass der See heute ungefähr dreimal so viele Nährstoffe hat als zum Beispiel noch vor 100 Jahren", sagt Wüest. Der See sei dennoch nach wie vor in einem hervorragendem Zustand. Wenn es gelingt, in den nächsten zehn Jahren die Kanalisations- und Kläranlagen wie geplant zu bauen, dann könne der See langfristig in seiner absoluten Einzigartigkeit erhalten werden.

Gefahr durch Klimaerwärmung

Der Ohrid-See nimmt eine Fläche von etwa 30 Quadratkilometern ein und hat eine maximale Tiefe von 289 Metern. Er wird durch zahlreiche Quellbäche gespeist. Die wichtigste Quelle liegt beim Kloster Sveti Naum. Das Wasser fließt unterirdisch aus dem 200 Meter höher und südöstlich vom Ohrid-See gelegenen Prespa-See zu.

Langfristig hängt das Überleben des Ohrid-Sees davon ab, ob die globale Erwärmung verlangsamt und unter dem prognostizierten Wert von vier Grad Erwärmung pro Jahrhundert gehalten werden kann, sagt Wüest. "Wenn die Klimaerwärmung in dem Ausmaß weitergeht wie jetzt, dann setzt das dem See zusätzlich zu. Das heißt konkret, dass der Sauerstoffschwund im tiefen Wasser, wo viele der einzigartigen endemischen Arten leben, dafür sorgt, dass dort die Wasserqualität sinkt", erklärt der Forscher.

Es gibt noch viel zu erforschen

Parallel zu den ökologischen Forschungen laufen die Forschungen zur Feststellung des genauen Alters des Sees. Zoran Spirkovski, Wissenschaftler am Hydrobiologischen Institut Ohrid, ist der Leiter des Projekts für den Schutz des Ohrid-Sees. "Die Elemente in der Fauna deuten darauf hin, dass der See sogar älter als vier Millionen Jahre ist. Genauere Ergebnisse können zusätzliche Analysen und Forschungen liefern, die für das Jahr 2008 oder 2009 geplant sind", sagt er. "Wir können mithilfe eines einzigartigen Gerätes so tief in den Seeboden hinein bohren, dass wir die Ursprünge des Sees genau untersuchen können."

Die reiche Flora und Fauna des Ohrid-Sees und seine Geschichte, die so lange zurückreicht wie die Menschheit alt ist, bleibt auch in den kommenden Jahren eine große Herausforderung für die Wissenschaftler.

Bisera Ognjanovska-Mitrov
DW-RADIO/Mazedonisch, 25.10.2006, Fokus Ost-Südost