1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bologna-Konferenz

9. Mai 2011

Den Bachelor abgeschlossen, aber kein Job in Sicht? Viele Studierende wollen deshalb noch den Master machen. Doch an vielen Unis fehlen Master-Studienplätze. Ein Thema der Nationalen Bologna-Konferenz in Berlin.

https://p.dw.com/p/11CAu
Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU, 2.v.l.) spricht am Freitag (06.05.2011) in Berlin während der 2. Bologna-Hochschulkonferenz, neben ihr die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel (l), und der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) und sächsische Kultusminister, Bernd Althusmann (CDU). Thema der Zusammenkunft im Humboldt-Carre sind die Bachelor- und Masterstudiengänge. Foto: Soeren Stache dpa/lbn
Bildungsministerin Annette Schavan (2. von links) auf der Bologna-Konferenz in BerlinBild: picture alliance/dpa

Es sollte alles so schön werden: ganz Europa eine blühende Hochschul-Landschaft mit Studierenden, die virtuos zwischen den Ländern wechseln können, mehrsprachig und vor allem - mobil. Doch der so genannte Bologna-Prozess, der all das möglich machen sollte, gestaltet sich schwierig. An den deutschen Hochschulen jedenfalls verursacht die Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge, mit denen "Bologna" einhergeht, große Probleme.

Streitpunkte en masse

Massenhaft gingen die Studierenden vor zwei Jahren auf die Straße und protestierten in ihren Universitäten. Zu viel Stoff im Bachelor-Studium, extreme Arbeitsbelastung, hoher Prüfungsdruck - das waren wichtige Kritikpunkte. Seither sind Hochschulen, Bildungspolitiker und Studenten-Organisationen damit beschäftigt, die Probleme zu lösen. Bundesbildungsministerin Schavan rief 2010 eine "Nationale Bologna-Konferenz" ins Leben, die nun jährlich prüfen soll, was man erreicht hat und wo es noch klemmt. Doch zusätzlich zu den lange bekannten Themen gibt es neuerdings Streit darüber, ob es in Deutschland überhaupt genügend Master-Studienplätze gibt.

Studenten der Martin-Luther-Universität Halle demonstrieren im Juni 2010 gegen die aktuelle Bildungspolitik in Deutschland (Foto: AP)
Seit zwei Jahren demonstrieren die Studierenden - wie hier in Halle - gegen die Bologna-Reform.Bild: AP

Kein Grund zur Sorge?

Glaubt man der zweiten Nationalen Bologna-Konferenz, die nun in Berlin eine Bilanz der Erreichten zog, besteht kein Grund zur Klage. Bernd Althusmann jedenfalls, Präsident der Kulturministerkonferenz, versuchte die Studierenden zu beschwichtigen, die fürchten, nach erfolgreichem Bachelor-Abschluss keinen Master-Studienplatz zu bekommen. "Wir wissen, dass mit Blick auf das Wintersemester 2010/11 lediglich 24 Prozent aller Master-Studiengänge an staatlichen Hochschulen überhaupt zulassungsbeschränkt waren. Von Engpässen im Master-Bereich kann also nicht gesprochen werden."

Völlig anders sieht das Florian Pranghe, der als Studierendenvertreter am Tisch sitzt. Er bezweifelt, dass diese Zahlen tragfähig seien. "Bisher gibt es noch nicht diese großen Kohorten an Studierenden", sagt er, "die werden jetzt erst fertig mit dem Bachelor. Da ist die Frage, wie das erst im nächsten Wintersemester wird. Wie schwer wird es dann, einen Studienplatz zu finden? Und werden Hochschulen dann verstärkt den Zugang beschränken?"

Bachelor: Attraktive Angebote?

Unifest an der Universität Bonn: Studentin mit Bachelor-Hut (Foto: Frank Homann)
Bachelor - und dann?Bild: Frank Homann

Die Unis nämlich rechnen nämlich mit verstärktem Andrang wegen doppelter Abiturjahrgänge nach der um ein Jahr verkürzten Schulzeit - und wegen der Aussetzung der Wehrpflicht. Doch Bundesbildungsministerin Annette Schavan von der CDU hält dagegen mit der Prognose, der Arbeitsmarkt werde viele Studierende gleich nach dem Bachelor mit Jobs versorgen: "Angesichts der wirtschaftlichen Dynamik in Deutschland", so die Ministerin, "wird es einen wachsenden Anteil derer geben, die attraktive Angebote unmittelbar zum Berufseinstieg bekommen".

Und die Wirtschafts-Vertreter auf der Bologna-Konferenz hätten deutlich gemacht, in den Unternehmen werde eine "wachsende personalpolitische Verantwortung" entwickelt, um "Möglichkeiten der Weiterqualifizierung" zu schaffen. Im Klartext: Wer mit dem Bachelor in der Tasche einen Job angetreten hat, soll später die Möglichkeit erhalten, den Master zu machen. Doch selbst wenn das so eintritt, werden viele Berufseinsteiger später wieder an den Hochschulen auftauchen. Die Nachfrage nach Master-Studienplätzen wäre damit nur zeitlich verlagert.

Studierende: "Kosmetik-Politik"

Doch während die Bildungsministerin schöne Zukunftsszenarien entwirft, sind aus Sicht der Studierenden selbst viele der alten Probleme noch nicht gelöst. Seit dem letzten Jahr, sagt Florian Pranghe, habe es nur "Kosmetik-Politik" gegeben: "Wir haben immer noch eine große Prüfungslast, das Studium ist immer noch sehr unflexibel und verschult." Und wenn Studierende - wie es der Bologna-Prozess ausdrücklich wünscht - ins Ausland gehen wollen, gebe es noch Probleme mit der Anerkennung. "Da haben wir nicht das Gefühl, dass sich wirklich etwas gebessert hat."

Bundesbildungsministerin Annette Schavan auf einer Pressekonferenz zum Thema Anerkennung ausländischer Abschlüsse (Foto: dpa)
In der Kritik: Annette SchavanBild: picture alliance/dpa

Ähnlich kritisch fallen die Reaktionen der Oppositionsparteien auf die zweite Bologna-Konferenz aus: Von einer "Showveranstaltung" der Bildungsministerin spricht die SPD, für die Grünen war sie eine "Konferenz des "Gesundbetens und Schönredens" - unzumutbar für Lehrende und Studierende. Und für die Linke befindet die Hochschul-Politikerin Nicole Gohlke, die Ministerin nehme die Sorgen der Studenten nicht ernst.

Neue Unübersichtlichkeit

Zu diesen Sorgen gehört auch die neue Unübersichtlichkeit bei den Bachelor-Studiengängen: Rund 6000 verschiedene Möglichkeiten - viel zu viele, um sich sinnvoll für ein Studium entscheiden zu können. Erst recht für Schulabgänger aus dem Ausland, für die es weitaus schwieriger ist, sich einen Weg durch den Angebots-Dschungel zu bahnen. Studentenvertreter Florian Pranghe fordert darum eine kleinere Auswahl an verschiedenen Bachelor-Studiengängen. "Früher hat es ja auch mit weniger Studiengängen geklappt. Erst wenn man dann auf die Diplom- oder Magisterarbeit zuging, hat man sich spezialisiert. Diese Spezialisierung müsste jetzt der Master übernehmen!" Dieses Problem immerhin wurde in Berlin erkannt und diskutiert. Doch wie man die deutsche Bildungspolitik kennt, wird es bis zur Lösung noch dauern.

Autorin: Aya Bach

Redaktion: Gaby Reucher