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Neuschwanstein ist kein Ort

5. Juli 2016

Bayerns König Ludwig II. hat Schloss Neuschwanstein errichten lassen. Sein Stein gewordener Traum zieht heute Touristen magisch an. Ob Neuschwanstein auch ein Ort im geografischen Sinn ist, kam jetzt vor Gericht.

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Marienbrücke Schloss Neuschwanstein
Bild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

Bayerns fantasiebegabtem König Ludwig II. hätte das sicher gefallen: Sein im 19. Jahrhundert erbautes Märchenschloss "Neuschwanstein" kann laut richterlichem Beschluss "nicht als geografischer Ort angesehen werden". Zwar liege das Schloss natürlich an einem Ort, aber es sei eben keiner, befanden die Richter beim EU-Gericht in Luxemburg am Dienstag.

Die Formulierung klingt mysteriös. Dahinter stecken jedoch handfeste juristische Argumente. Es geht um Geld und Geschäftsinteressen. Denn Neuschwanstein, das Schloss, gehört dem Freistaat Bayern und genauso ist es mit "Neuschwanstein" als Marke. Die hat sich die bayerische Regierung 2011 für eine ganzes Sortiment an Waren und Dienstleistungen europaweit schützen lassen, darunter Gabeln aus Edelmetall, Uhren, Musikinstrumente, Tinte, Strumpfhalter, Brettspiele und Geldgeschäfte.

Das wollte der deutsche Bundesverband Souvenir Geschenke Ehrenpreise (BSGE) nicht hinnehmen. Eins der Argumente des Verbandes, der Fabrikanten und Händler vertritt: "Neuschwanstein" könne keine Marke sein, weil das Wort die geografische Herkunft der Waren und Dienstleistungen beschreibe. Sie wollen selbst mit dem Namen "Neuschwanstein" Produkte vermarkten, aber keine Lizenzgebühren zahlen.

Die Richter sahen das anders: Das Schloss sei nicht der Ort, an dem bestimmte Waren hergestellt oder Dienstleistungen erbracht würden - damit sei der Name auch nicht als Herkunftsbezeichnung zu verstehen.

Weil es sich bei Neuschwanstein um "einen erfundenen und originellen Namen handele, der konkret das Schloss als Bauwerk" bezeichne, befanden die Richter, gelte das Verbot, den Namen zu verwenden.

Damit ist der BSGE , wie vorher vor dem EU-Markenamt im spanischen Alicante, nun auch vor dem EU-Gericht in Luxemburg gescheitert. Allerdings könnte der Verband innerhalb von zwei Monaten noch Rechtsmittel vor dem übergeordneten Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), auch für Landesentwicklung und Heimat zuständig, nahm das Urteil mit Wohlgefallen auf. "Dieser markenrechtliche Schutz sichert das kulturelle Erbe Bayerns und der Wittelsbacher vor einer kommerziellen Ausbeutung", erklärte er. "Das Schloss des Märchenkönigs ist weltweit eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten und steht nicht nur für Bayern, sondern ganz Deutschland."

is/at (dpa)