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Maoistischer Terror in Nepal

Friedemann Schlender2. Dezember 2001

Mehr als 2000 Menschen wurden getötet, seitdem sich die maoistische Bewegung Nepals, anfänglich ein Sammelbecken Intellektueller, zu einer militanten Untergrundorganisation entwickelte.

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Nepalesische Soldaten patrouillieren in KatmanduBild: AP

Es gleicht einem Anachronismus, wenn man die theoretische Begründung der nepalesischen Guerillas für ihren Terrorfeldzug hört: Sie bezeichnen sich als Maoisten und berufen sich auf die Erfahrungen der Guerillas des Leuchtenden Pfades von Peru. Offensichtlich hat man ihre Stärke unterschätzt. Bislang ging man davon aus, dass sie in etwa 30 der 75 Distrikte Nepals eine gewisse Basis haben. Wenn die Regierung Nepals sich nun gezwungen sah, Indien um Hilfe zu bitten, zeigt das doch den Ernst der Lage. Inzwischen sagte Indiens Premierminister Atal Behari Vajpayee König Gyanendra Unterstützung für die Notstandsmaßnahmen zu. Die 45.000 Mann starke, schlecht ausgerüstete und mangelhaft ausgebildete Armee Nepals wäre wohl in der Tat überfordert.

Nepal: Eines der ärmsten Länder der Welt

Mehr als 2000 Menschen wurden getötet, seitdem sich die maoistische Bewegung, anfänglich ein Sammelbecken Intellektueller, zu einer militanten Untergrundorganisation entwickelte. Einer der führenden Köpfe, Battarai, studierte an der Nehru-Universität in Delhi, und entwickelte gemeinsam mit Gleichgesinnten der indischen Unionsstaaten Westbengalen und Bihar ein Befreiungsprogramm für Nepal. Man versuchte mit dem Ziel, eine landesweite Bodenreform einzuführen, die verarmte Landbevölkerung für die Bewegung zu gewinnen. Natürlich hatte die Aussicht auf Teilung des Wohlstands Wirkung auf den Frieden des Landlebens, das zum Teil auf alten feudalistischen Strukturen beruht. Schließlich ist Nepal eines der ärmsten Länder der Welt. Mehr als die Hälfte der Nepalesen muss mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen.

Die Rolle Indiens als regionale Ordnungsmacht

Dass es den Maoisten nicht in erster Linie um die edlen Ziele der sozialen Befreiung geht, machten sie deutlich, als sie die Abschaffung der Monarchie forderten. Es geht ihnen also um die Macht. In einem Land wie Nepal, in dem die Monarchie fest etabliert ist und mit der Einführung der konstitutionellen Monarchie und eines Mehrparteien-Systems seit 1990 ein gewisser Liberalismus sichtbar ist, kann man mit solch rigiden Umsturzplänen keine Massenbasis gewinnen. Es scheint so, dass bislang nur die westlichen Gebiete Nepals unter den Einfluss des jetzigen Untergrund-Führers Prachanda geraten sind. Er kann nicht hoffen, mit blutigem Terror gegen die Staatsgewalt und gegen die Landbesitzer Sympathie und Unterstützung von der Mehrheit zu bekommen.

Viel wird jetzt davon abhängen, wie Indien Nepal im Kampf gegen diese Form des Terrorismus unterstützen wird. Sicher wird man besonnen auf das Hilfeersuchen reagieren, denn Indien muss als Großmacht des indischen Subkontinents die traditionellen Vorbehalte des "kleinen Nachbarn" bei der Wahl der Mittel für die Hilfe mit in Betracht ziehen. Wenn damit gleichzeitig auch die Verbindungslinien der maoistischen Bewegungen zwischen den indischen Unionsgebieten Westbengalen und Bihar und den Guerilla-Zentren in Nepal unterbrochen werden, kann die Hilfe Indiens auch ein Beitrag für die eigene innere Sicherheit bedeuten.