1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Man muss Deutschland auf dem Zettel haben"

10. Juni 2010

Er gewann den Europapokal der Landesmeister, wurde mit dem 1. FC Köln Vizemeister und war Trainer von Fortuna Köln: Tony Woodcock setzt bei der WM auf Maradonas Argentinier – und einen deutschen Stürmer.

https://p.dw.com/p/NmtL
Tony Woodcock (Foto: AP)
Tony Woodcock kennt den deutschen Fußball gutBild: AP

DW-WORLD.DE: Wem drücken Sie in Südafrika die Daumen?

Tony Woodcock: Ganz klar: England!

Was trauen Sie dem ewigem Widersacher Englands Deutschland zu?

Deutschland sollte man nie unterschätzen. Es ist schon oft gesagt worden: Sie sind eine Turniermannschaft, sie sind sehr gut vorbereitet. Wir haben das in den letzten Weltmeisterschaften gesehen, wo sie immer eine ausgezeichnete Leistung abgerufen haben und auch, dass sie es weit bringen - auch wenn ihnen am Anfang nur wenig zugetraut wird. Die Bundesliga gibt jetzt mehr jungen Spielern eine Chance, das tut auch der Nationalmannschaft gut. Deutschland ist mehr als nur ein Zählkandidat, sie kommen mit ihrer eindrucksvollen Geschichte im Gepäck und einem guten Ruf - es ist ein Team, das man auf dem Zettel haben muss.

Und auf wen muss man besonders achten im deutschen Team?

Lukas Podolski jubelt (Foto: AP)
"Er kann immer noch was drauflegen": Woodcock über Lukas PodolskiBild: AP

Lukas Podolski. Er hat gerade nicht seine beste Saison gespielt, aber er ist ein Spieler, der während der WM so richtig zur Hochform auflaufen kann. Er ist so ein Mensch, der immer noch was drauflegen kann. Podolski hat bei Bayern nicht wirklich sein bestes geben können, aber war dann trotzdem mit der Nationalmannschaft erfolgreich. Er hat für sein Alter schon eine beeindruckende Zahl von Einsätzen vorzuweisen und so ein internationales Turnier wie die WM 2010 könnte für ihn die ideale Gelegenheit sein, seiner Karriere neuen Schwung zu geben.

Wer holt in Südafrika den Titel?


Ich bin gespannt zu sehen, wie Argentinien sich diesmal schlägt - sie haben wirklich ein paar wunderbare Spieler. Wir wussten immer schon, dass die Argentinier nicht nur technisch brilliante Fußballer sind. Sie schenken ihren Gegnern auch nichts, gehen wirklich hart in die Zweikämpfe rein und haben einen unbändigen Siegeswillen. Diego Maradona kriegt im Moment Gegenwind. Da gibt es Kritiker, die fragen: "Kann er wirklich eine Mannschaft zusammenhalten?" Ich glaube er kann das. Sie haben die Qualifikation nur knapp geschafft und alle haben das Maradona zugeschrieben. Ich glaube, dass die Qualifikation das Team einem ungeheuren Druck ausgesetzt hat und sie erst im letzten Spiel sich davon lösen konnten. Ich glaube, das hat die Mannschaft angefangen zusammenzuschweißen. Ich habe einen riesigen Respekt vor Maradona und er hat wirklich weltklasse Spieler versammelt - ich freue mich schon sehr zu sehen, wie die zusammen spielen werden.

Was können denn die afrikanischen Teams bei der ersten WM auf afrikanischem Boden bewegen? Nehmen wir zum Beispiel Ghana…

Das Nationalteam Ghanas 2010 (Foto: AP)
Für Woodcock ein Überraschungskandidat: GhanaBild: dpa

Wir haben Ghana bei der letzten WM gesehen; die haben sich sehr gut präsentiert. Sie haben ein paar wirklich gute Spieler, die in Vereinen in ganz Europa spielen. Sie sind also eine Mannschaft, mit der man rechnen muss. Ich glaube nicht, dass sie sowas wie einen Heimvorteil haben werden, weil die WM in Afrika stattfindet. Wenn man auf diesem Niveau spielt, ist es eigentlich egal, wo man spielt. Die Atmosphäre ist immer großartig.

Wie sehr beschäftigt sie der Fußball denn heute noch?


Ich fiebere nicht mehr so mit. Ich schau mir hin und wieder ein Spiel an, aber das wär's dann auch. Hin und wieder gehe ich zu Arsenal ins Stadion und wenn ich in Deutschland bin, dann zum FC Köln. Wenn ein gutes Spiel im Fernsehen übertragen wird, schau ich mir das schon mal an, aber ich würde nicht deswegen zuhause bleiben, wenn ich etwas anderes vorhabe. Ich habe natürlich Geschäftsinteressen, die mit Fußball zu tun haben, aber es ist nicht so, dass mein Leben nur noch um diesen Sport kreist. Ich spiele hin und wieder noch mal gerne, aber wenn dann doch eher mit Fünfer-Teams auf dem kleinen Feld.

Wie fing denn bei Ihnen alles an? Wollten Sie immer schon Fußballer werden?

Tony Woodcock in Aktion (Foto: AP)
Begnadet am Ball: Tony Woodcock hier im Trikot der englischen Nationalelf.Bild: AP


Na ja, als ich anfing zu spielen war das erst mit zwölf Jahren, was heutzutage ja schon spät ist. Mein Schwager schenkte mir ein Paar Stutzen als ich so alt war und von dem Tag an, wollte ich nur noch Fußball spielen und Profi werden. Dann ging alles sehr schnell: Ich bin mit 16 Jahren als Nachwuchsspieler zu Nottingham Forest gekommen und von da an ging alles ziemlich schnell.

Zu ihrer aktiven Zeit spielten sie auch beim 1. FC Köln und für Fortuna Köln. Was hat ihnen denn an Deutschland am besten gefallen?

In Deutschland hat mich die Pünktlichkeit beeindruckt. Das ist im Fußball wichtig, aber in Deutschland ist Zeitmanagement schon fast ein Wahn. Das hat man schon in der Saisonvorbereitung gemerkt. Als ich anfing in Deutschland zu spielen, hat mich das volle Engagement der Spieler sehr beeindruckt. Ich kam in die Deutsche Liga als ich schon eine europäische Meisterschaft gewonnen hatte und war beeindruckt von der Organisation und der Ernsthaftigkeit der Spieler.

Wer fällt Ihnen ein, wenn sie an Deutschland denken?

Karl-Heinz Rummenigge. Super Stürmer. Erstklassiger Fußballer.

Die Fragen stellte Matt Hermann

Redaktion: Joscha Weber