1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Malta: Das EU-Asyldrama

Laurens Cerulus13. Juli 2012

Die EU diskutiert über eine Harmonisierung ihrer Asylpolitik. Die Mittelmeerinsel Malta ist meist das erste Ziel der Einwanderer. Doch der Umgang Maltas mit Asylsuchenden wird kritisiert.

https://p.dw.com/p/15XJe
Asylbewerber in Malta (Foto: DW)
Bild: Laurens Cerulus

Malta ist der kleinste Mitgliedsstaat der EU, trotzdem nimmt er mehr Asylsuchende pro Einwohner auf als jedes andere europäische Land. Allein in diesem Jahr landeten bereits 900 Menschen an den Küsten der Insel. Die meisten von ihnen waren in Booten auf dem Weg von Nordafrika zum europäischen Festland. Bis zu 60 Prozent von ihnen sind nachweislich auf internationalen Schutz angewiesen.

Die maltesische Regierung hat große Auffanglanger eingerichtet, um die Einwanderer unterzubringen. Eines davon, die Safi Barracks, besteht aus zwei großen Lagerhallen und ist hinter Maltas größtem Flughafen versteckt. Die Luft im Lager ist heiß und stickig – bis zu 200 Menschen schlafen in Etagenbetten in einem großen Raum. Die Lüftung ist kaputt, und die Hitze ist kaum auszuhalten. Einer der Männer behauptet, er müsse sich bis zu drei Stunden anstellen um Essen zu bekommen.

Asylbewerber in Malta (Foto: DW)
Die Auffanglager sind heiß, stickig und überfülltBild: Laurens Cerulus

Warten auf dem Abstellgleis

Einige, vor allem Flüchtlinge aus Westafrika, müssen monatelang auf ein Urteil über ihre Anträge warten. Mohammed ist seit fünf Monaten im Lager. "Sie geben uns nur einen Satz Kleidung", berichtet er im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Danach geben sie uns noch einen weiteren, aber dann nichts mehr. Ich musste lange Zeit mit zwei Unterhosen auskommen, ein Jahr lang… Wir sind alle krank. Es ist einfach zu heiß."

Anthony kommt aus Nigeria. "Sie haben uns vor drei Tagen auf dem Meer aufgegabelt. Sie legten uns Handschellen an und brachten uns hierher", erzählt er. Nun hofft er, nach Italien zu kommen.

Asylbewerber in Malta (Foto: DW)
Abkühlung gibt es nur im SchattenBild: Laurens Cerulus

Draußen gibt es einen kleinen Hof, mit hohen Zäunen wie in einem Gefängnis. Die wenigen schattigen Plätzchen hier sind heiß begehrt.

Beschwerden von Menschenrechtsgruppen

Menschenrechtsorganisationen haben die Bedingungen in den Auffanglagern als unmenschlich kritisiert. Geändert hat sich bislang allerdings nichts. Stattdessen verlangt die maltesische Regierung mehr Unterstützung von den EU-Partnern.

Im Ministerium für Justiz und Inneres in der Hauptstadt Valletta sitzt Joseph St. John. Der Direktor für Strategie und Planung verweist auf die geringe Größe der Insel und des Arbeitsmarkts: "Folglich ist der Druck erheblich, und in Maltas Fall brauchen wir Solidarität." Verlegungen und Umsiedlungen der Flüchtlinge seien notwendig. "Wir haben unseren Fall vorgetragen. Wir haben erklärt, wie die Situation in unserem Land ist und warum wir uns gegenseitig helfen müssen, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass wir derzeit ein gemeinsames europäisches Asylsystem entwickeln. Wie kann ein gemeinsames System funktionieren, wenn einige Mitgliedsstaaten eine ganz erhebliche Last schultern müssen?"

Asylbewerber in Malta (Foto: DW)
Manche Flüchtlinge bleiben bis zu 18 Monate in HaftBild: Laurens Cerulus

Malta profitiert bereits heute vom Pilotprogramm "Eurema". Seit 2005 wurden etwa 230 Menschen in andere europäische Staaten gebracht. Etwa 1000 Menschen sind in die USA umgesiedelt. An der Überfüllung der Safi Barracks hat das allerdings nichts geändert.

Neue EU-Asylpolitik

Nun blicken alle nach Brüssel. Dort, so die Hoffnung, sollen die Führungen der EU das gemeinsame europäische Asylprogramm bis Ende dieses Jahres ausarbeiten. Ziel ist es, durch die Einführung gemeinsamer Standards für die Aufnahme von Flüchtlingen und die Bearbeitung von Asylansprüchen, einen sogenannten einheitlichen Schutzraum zu schaffen.

Menschenrechtsaktivisten hoffen, dass dadurch die Bedingungen für die Migranten in Malta besser werden. Fabrizio Ellul von der UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisiert nicht nur die Ausstattung einzelner Lager in Malta: "Eine Sache, mit der wir definitiv nicht einverstanden sind, ist die Inhaftierung", hebt er hervor. "Wir sind grundsätzlich der Überzeugung, dass Asylsuchende nicht eingesperrt werden sollten."

Während die EU an dem Abschluss des gemeinsamen Asylsystems arbeitet, schauen die Menschen auf der kleinen Insel auf die Zeit nach 2012. Einige suchen nach neuen Formen europäischer Solidarität, andere wollen die Bedingungen der maltesischen Asylbewerber verbessern. Die Flüchtlinge selbst hoffen, dass ihr langes Warten in Haft bald zu einem Ende kommt.

Asylbewerber in Malta (Foto: DW)
Wann hat das Warten ein Ende?Bild: Laurens Cerulus