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Mainzer Klinik hat keine Schuld am Babytod

27. August 2010

Eine verschmutzte Glasflasche hat offenbar zum Tod dreier Babys an der Mainzer Uniklinik geführt. Laut Staatsanwaltschaft war die Flasche schon beschädigt, bevor sie im Krankenhaus angeliefert wurde.

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Uniklinik Mainz (Foto: AP)
Entlastet: Die Universitätsklinik in Mainz Foto: APBild: AP

Nach dem Tod dreier Babys in der Universitätsklinik Mainz ist die dortige Klinikleitung entlastet worden. In einer undichten Glasflasche seien Keime in hoher Konzentration gefunden worden, sagte Oberstaatsanwalt Klaus-Peter Mieth in einer Stellungnahme am Freitag (27.08.2010). Es sei aber auszuschließen, dass der Inhalt der Flasche in der Apotheke der Mainzer Uniklinik verunreinigt worden sei. Daher könne keinem Mitarbeiter des Krankenhauses ein Vorwurf gemacht werden.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war eine Nährlösung, die die drei Babys vor rund zehn Tagen erhalten hatten, mit Darmbakterien verseucht. Eine Kontaminierung beim Hersteller sei aber unwahrscheinlich. Vermutlich sei die Flasche beim Transport beschädigt worden, erläuterte der leitende Oberstaatsanwalt.

Keine verdächtigen Keime im Klinikum

Baby (Foto: dpa)
Sind so zarte Hände - ein Baby auf der Kinder-Intensivstation der Mainzer UniversitätsklinikBild: picture-alliance/dpa

Die deutsche Justiz hatte zunächt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Zunächst waren Schläuche im Mainzer Krankenhaus ins Visier der Ermittler geraten. Die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft vor Ort konnten diesen Anfangsverdacht aber widerlegen. Danach war das Schlauchsystem, mit dem die klinikeigene Universitätsapotheke arbeitet, nicht mit Bakterien verschmutzt. Auch an anderer Stelle im Krankenhaus konnten die Ermittler keine verdächtigen Keime entdecken.

Klar ist, dass die Nährlösung, die die Babys erhalten hatten, stark verunreinigt war. Professor Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene der Universität Bonn, sagte, in der betreffenden Nährlösungs-Flasche seien etwa 10.000 Keime pro Milliliter nachgewiesen worden - erlaubt sind im Trinkwasser nur 100 Keime pro Milliliter.

Darmbakterien in der Blutlaufbahn

Bei den Keimen, die in der beschädigten Glasflasche in so hoher Konzentration nachgewiesen wurden, handelt es sich um Darmbakterien. Deren häufigste Vertreter sind die bekannten Kolibakterien, die zur normalen Darmflora gehören. Die in Mainz gefundenen Erregerarten mit den Bezeichnungen "Enterobacter cloacae" und "Escherichia hermannii" kommen seltener als die Kolibakterien vor, gelten aber normalerweise als harmlos. Das gilt allerdings nur, solange die Darmbakterien nicht in die Blutlaufbahn gelangen.

Ob die drei Säuglinge tatsächlich durch die verunreinigte Nährlösung starben, ist noch nicht abschließend geklärt. Die drei Babys waren als Frühchen oder bedingt durch Herzfehler bereits stark geschwächt. Oberstaatsanwalt Mieth betonte, es werde noch Wochen dauern, bis die exakte Todesursache geklärt sei.

Ruf nach besserer Hygiene

Die Todesfälle in Mainz hatten deutschlandweit für Bestürzung und Aufsehen gesorgt. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie hatte zu einem Umdenken in den Krankenhäusern aufgerufen. Es gebe, so Vorstandsmitglied Bernhard Ruf, an jeder Klinik eine Reihe von Spezialisten für die verschiedensten Fächer, ein Experte für Infektionskrankheiten sei aber nur selten an Krankenhäusern zu finden. Dies, so Ruf, müsse sich ändern. Zumindest größere Krankenhäuser sollten über einen eigenen Experten für Infektionskrankheiten verfügen.

Ähnlich hatten sich auch zahlreiche Politiker geäußert. Sie sprachen sich für neue und strengere Hygienevorschriften in deutschen Krankenhäusern aus. Die Ärztegewerkschaft "Marburger Bund" warnte dagegen vor einem Aktionismus des Gesetzgebers. Es gehe vor allem darum, bereits bestehende Vorschriften einzuhalten.

Autor: Hans Ziegler (dpa, afp, rtr)

Redaktion: Dirk Eckert