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Machtwechsel im Iran wahrscheinlich

Peter Philipp22. Januar 2005

Um einen der wichtigsten Männer im Iran war es ruhig geworden. Nun macht der ehemalige iranische Staatspräsident Rafsandschani wieder auf sich aufmerksam. Er will zurück an die politische Spitze.

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Der frühere iranische Präsident Ali Akbar Haschemi-RafsandschaniBild: dpa

Wenn nötig, werde er es als große Ehre betrachten, der Nation zu dienen: Mit diesen Worten wird der ehemalige iranische Staatspräsident, Ali Akbar Haschemi-

Rafsandschani, von einer iranischen Nachrichtenagentur zitiert. Fünf Monate vor den iranischen

Präsidentschaftswahlen (17.5.2005) könnte deren Ergebnis damit bereits feststehen, denn als Vorgänger des jetzt scheidenden Präsidenten Mohamad Khatami dürfte Rafsandschani die größten Aussichten haben, wieder ins Amt gewählt zu werden. Verlassen hatte er es 1998 nach zwei Amtsperioden - die Verfassung verlangt dies so.

Rafsandschanis mögliche Rückkehr an die Macht mag für manche überraschend sein, denn der 70-jährige Politiker ist in seiner jetzigen Position der zweitmächtigste Mann im Staat: Er ist Vorsitzender des so genannten "Vermittlungsausschusses", der bei Problemen zwischen Regierung und "Führungsrat" zu entscheiden hat - dem erzkonservativen Gremium, das die politischen Fäden zieht. Und er steht von der Hierarchie her direkt unter dem "Obersten Führer" des Iran, Ayatollah Ali Khamenei.

Korruptionsgerüchte um Rafsandschani

Mohammad Khatami, Iran, spricht zu Studenten
Mohammad Khatami Liberalisierungsversuche schlugen fehlBild: AP

Wenn Rafsandschani tatsächlich auf diese Machtposition verzichten und bereit sein sollte, sich wieder in die Niederungen der Tagespolitik zu begeben, dann sicher, weil er wie kaum ein anderer Erfahrung darin hat. Und nicht, weil er in der Bevölkerung so beliebt wäre. Eher im Gegenteil: Bei den vorletzten Parlamentswahlen schnitt er so kläglich als Hinterbänkler ab, dass er es daraufhin vorzog, sein Glück außerhalb des Parlaments zu suchen.

Die Unpopularität in der Wählerschaft war unter anderem auf massive Vorwürfe von Korruption zurückzuführen, die gegen Rafsandschani erhoben worden waren. Diese Vorwürfe brachten dann aber nur denjenigen ins Gefängnis, der sie verbreitet hatte: den Journalisten Akbar Ganji. Dieser wurde offiziell zwar wegen seiner Teilnahme an der Berliner Iran-Konferenz im April 2000 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Es besteht aber kaum ein Zweifel, dass seine Veröffentlichungen über Rafsandschani dabei eine wichtige Rolle gespielt haben.

Liberalisierte Wirtschaftspolitik

Während seiner Amtszeit galt Rafsandschani in Europa als

vergleichsweise "liberal" und offen und man setzte große Hoffnungen in eine Kooperation mit ihm. In der Tat liberalisierte sich unter Rafsandschani zumindest die Wirtschaftspolitik des Iran ein wenig. Denn der Präsident hatte eingesehen, dass sein Land eingebunden sein muss in die Weltwirtschaft, um auch im Inneren Entwicklung und Wachstum zu erfahren. Versuche seines Nachfolgers Khatami, die Liberalisierung noch weiter zu treiben, scheiterten allerdings in allen Bereichen. Und zwar in solch einem Umfang, dass die Wähler sich schließlich enttäuscht von Khatami, besonders aber den "Reformern" abwandten, die im Windschatten Khatamis die Mehrheit im Majlis - dem iranischen Parlament - errungen hatten.

Vor diesem Hintergrund ist es keine Überraschung, dass auch bei den Präsidentschaftswahlen im Juni ein konservativer Sieg erwartet wird. Nur war das konservative Lager bisher gespalten - vom Technokraten und Atom-Unterhändler Hassan Rowhani auf der einen bis zum bisherigen Rundfunk-Chef und Ober-Hardliner Ali Larijani auf der anderen Seite. Auf Seiten der Reformer haben sich zwar auch bereits einige Kandidaten gemeldet, diesen wird aber keine Chance eingeräumt. Interessant hätte die Wahl werden können, wenn Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi tatsächlich angetreten wäre. Sie wäre zwar sicher am "Führungsrat" gescheitert, Ebadi lehnte die ihr von Anhängern angetragene Kandidatur aber ohnehin sofort ab.