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Machtpoker an der Seidenstraße

7. August 2009

Russland möchte eine neue Militärbasis in Kirgistan errichten. Seit Jahren pokern Washington und Moskau hier um Einfluss. Doch verärgert sind diesmal nicht die USA, sondern der Nachbar Usbekistan.

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Kirgistan liegt am Fuß des Tianshan-GebirgesBild: AP
Kirgistan Osch
Blick auf OschBild: picture-alliance/ dpa

Seit längerem macht Russland deutlich, dass es Zentralasien als seine Einflusszone betrachtet. Nun will Moskau seine Militärpräsenz in der Region weiter ausbauen – doch nicht allen in der Region gefällt das. Am Wochenende vereinbarte der russische Präsident Dmitri Medwedew mit seinem kirgisischen Amtskollegen Kurmanbek Bakijew den Bau einer weiteren Militärbasis in dem kleinen Bergland. Usbekistan protestierte bereits scharf. Die Basis könne zu "ethnischen Spannungen führen und extremistische Reaktionen provozieren" warnte das usbekische Außenministerium.

"Alles Böse kommt aus Usbekistan"

An der Grenze zwischen Usbekistan und Kirgistan Kirgisien
An der Grenze zu UsbekistanBild: DW / Mikhail Bushuev

Wo und wann die neue Basis entstehen soll, haben beide Seiten noch nicht bekannt gegeben. Doch alles deutet darauf hin, dass die Truppen nahe Osch im Süden des Landes stationiert werden sollen. "Osch ist ein strategisch wichtiger Ort", erklärt der russische Militärexperte Lew Korolkow. In der alten Seidenstraßen-Metropole kreuzen sich viele wichtige Transportrouten in Zentralasien.

Genau das sorgt auch für die heftige usbekische Reaktion. In Osch leben viele Usbeken. Und obwohl Usbekistan offiziell keine Ansprüche erhebt, betrachtet es die Region als besonderes Interessengebiet. Anfang der neunziger Jahre kam es hier zu Zusammenstößen zwischen Kirgisen und Usbeken mit mehreren hundert Toten. Der kirgisische Botschafter in Moskau gab gegenüber der Agentur Interfax dann auch unumwunden zu, dass sich die Stationierung russischer Truppen auch gegen das Nachbarland richtet. "Alles Böse kommt von der usbekischen Seite", erklärte er.

Desolate Infrastruktur

Kirgistan Markt Osch
Die Gegend ist verarmt.Bild: picture-alliance/ dpa

Osch ist die zweitgrößte Stadt in Kirgistan. Von der Industrie, die die Stadt in der Sowjetzeit prägte, ist nicht mehr viel übrig. Eine russische Militärbasis könnte auch Arbeitsplätze für die verarmte Bevölkerung schaffen. Doch die Infrastruktur ist so desolat, dass eine baldige Stationierung russischer Truppen unwahrscheinlich ist. "Die Basis muss komplett neu gebaut werden. Das erfordert Investitionen, die derzeit nicht im Budget des Verteidigungsministeriums vorgesehen sind", sagt Militärexperte Korolkow. Bis November wollen beide Seiten sich auf einen Zeitplan geeinigt haben.

Eröffnung der russischen Militärbasis in Kirgistan
Eröffnung der russischen Militärbasis 2003Bild: picture alliance/dpa

Doch es geht bei dem Abkommen nicht nur um regionale Konflikte. Kirgistan ist für Russland ein wichtiger Verbündeter in der Region. Gleichzeitig sind die USA auf die ehemalige Sowjetrepublik angewiesen. Kirgistan ist das einzige Land, in dem russische und amerikanische Truppen praktisch in Sichtweite voneinander stationiert sind. 2001 hatten die USA hier eine Luftwaffenbasis für den Einsatz in Afghanistan errichtet. Zwei Jahre später zog Moskau mit einer eigenen Militärbasis nach und macht seitdem deutlich, dass es die amerikanische Präsenz dort bestenfalls duldet. Im Februar versprach Moskau der kirgisischen Regierung einen Kredit von zwei Milliarden US-Dollar. Kirgistans Präsident Bakijew kündigte im Gegenzug an, die amerikanische Militärbasis aufzulösen. Später wurde der Vertrag mit den Amerikanern dann doch verlängert - gegen eine saftige Erhöhung der Pacht. Nun hat Russland nachgelegt.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Thomas Latschan