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Macaus langer Weg zu mehr Demokratie

18. Dezember 2009

Seit zehn Jahren ist Macau eine Sonderverwaltungszone Chinas. Doch die Regel, "Ein Land, zwei Systeme" scheint nur für die Wirtschaft zu gelten. Demokratie wird nach wie vor klein geschrieben.

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In Macau werden sowohl die Flagge Chinas als auch jene Macaus gehisstBild: dpa

Als am 20. Dezember 1999 um Null Uhr die chinesische Nationalhymne erklang und die Flagge der Volksrepublik China über Macau wehte, da war die kleine portugiesische Ex-Kolonie zu einer Sonderverwaltungszone des grossen Chinas geworden. "Es ist uns gelungen, die Vorgaben des Übergabegesetzes zu erfüllen: Macau wird nach dem Prinzip: Ein Land - zwei Systeme, von einheimischen Politikern regiert und geniesst weitgehende Autonomie. Diese Erfahrung erfüllt uns mit Optimismus und Vertrauen", sagte kürzlich der scheidende Ministerpräsident Edmund Ho. Zum zehnten Jahrestag der Rückgabe Macaus an China wird ein neuer Regierungschef an seine Stelle treten.

The exterior of the Casino Lisboa, Macau, China
Glücksspiel und Zockerei sind noch immer Macaus Einnahmequelle Nummer EinsBild: dpa/PA

Macau, die 600-Tausend-Einwohnerstadt im Mündungsdelta des südchinesischen Perlflusses, boomt. Vor allem wegen des Glücksspiels. 39 Casinos locken jährlich zehn Millionen Zocker in das "Monte Carlo Asiens". Die Durchschnittslöhne liegen bei beachtlichen 700 Euro im Monat. Und trotzdem teilen nicht alle die positive Einschätzung des Ex-Regierungschefs.

Zu wenig Demokratie

"Wir haben jetzt mehr Beton in Macau, mehr Umweltverschmutzung, weniger Rechte und grössere soziale Probleme", kritisiert der unabhängige Abgeordnete José Pereira Coutinho. Er klagt: "Die Leute wollen mit Politik nichts zu tun haben. Macau bräuchte gute Politiker, hat sie aber nicht. In Macau gibt es nur Unternehmer, die durch Politik ihre Interessen schützen. So ist auch unser Parlament zusammengesetzt."

Damit in der Sonderverwaltungszone keine Entscheidungen gegen den Willen der chinesischen Zentralregierung getroffen werden, sind nur zehn der 29 Parlamentarier direkt und frei gewählt. Die anderen werden ernannt. Den Regierungschef, den ein handverlesenes Wahlmännergremium aussucht, ernennt natürlich Peking. Doch während im benachbarten Hongkong die Bürger immer mehr Demokratie fordern, bleibt in Macau alles beim Alten. "Macau ist wie ein Dorf", sagt José Pereira Coutinho. "Und der Dorfchef kontrolliert alles. Wegen der guten Wirtschaftslage werden an alle Bürger und Institutionen Geldgeschenke verteilt. Und wegen dieser Subventionen, von denen alle abhängig sind, entstehen keine kritischen Gruppierungen, entsteht kein Widerstand. Hier ist kaum Demokratiebewusstsein vorhanden."

Peking kontrolliert

Macau - Largo do Senado - Senats-Platz in der Altstadt
Macau - Architektonisch vom Westen geprägt, politisch fest in Chinas HandBild: DW/ Jochen Faget

Neben José Pereira Coutinho engagiert sich auch der Politiker António Ng Kuok Cheong für mehr Demokratie. Er verweist auf die historischen Besonderheiten Macaus: Die portugiesischen Kolonialherren hätten keine demokratischen Strukturen aufgebaut. Und die kommunistische Partei Chinas kontrolliere die Gesellschaft Macaus, seit es während der Kulturrevolution auch in Macau Unruhen gegeben habe: "Spätestens seit den 1960er Jahren, also schon zu Zeiten der Portugiesen, hat das Pro-Peking-Lager die wirkliche Macht in den Verbänden, den Vereinen und den Arbeiterorganisationen. Darum wenden sich die Chinesen noch heute an ihre Standesvertreter und nicht an die Regierung, wenn sie ein Problem lösen wollen."

Freie Wahlen 2019?

Trotzdem will António Ng Kuok Cheong nicht aufgeben: Seit 2007 fordert sein "Verband für ein neues Macau" mehr Bürgerrechte. Cheongs Traum: 2019 sollen der Regierungschef und das gesamte Parlament frei und direkt gewählt werden: "Die Regierung wird es nicht wagen, sich dem Fortschritt in Zukunft entgegenzustellen", so Cheongs optimistischer Blick nach vorne.

Macau - Fernando Chui Sai On neuer Regierungschef
Fernando Chui Sai On, der neue Regierungschef MacausBild: DW/ Jochen Faget

Ob sich das alles so erfüllen wird, bleibt aber abzuwarten. Macaus neuer, ebenfalls von Peking ernannter Regierungschef Fernando Chui Sai On hat bereits erklärt: Macau setze auf Kontinuität. Und es werde auch weiterhin von einheimischen Politikern nach dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" regiert. Als wesentliche Ziele der Politik nannte er wirtschaftlichen Fortschritt, ein neues Krankenhaus und gute Verkehrsanbindungen an die Perlfluss-Region. Von mehr Demokratie war nicht die Rede.

Autor: Jochen Faget

Redaktion: Silke Ballweg