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Mückenbekämpfung mit Körpergeruch

Mu Cui11. August 2016

Stechmücken sind nicht nur nervig. Jährlich sterben weltweit über eine Million Menschen an Krankheiten, die von Mücken übertragen werden. Nun haben Wissenschaftler eine neue Waffe gegen die Blutsauger erfunden.

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Malariamücke Malaria Fiebermücke
Bild: picture-alliance/dpa/Wildlife/W.Moeller

Seit Jahrtausenden führen die Menschen einen mühevollen Kampf gegen Stechmücken - mit der Hand oder Fliegenklatsche, mit Insektengittern- und Netzen, mit Mückenschutzcreme oder gar mit giftigen Pestiziden.

Jetzt gibt es eine neue Idee: Forscher der Universität Wageningen in den Niederlanden und des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts in Basel haben eine ungewöhnliche Mückenfalle entwickelt und mit Kollegen des Centre of Insect Physiology and Ecology in Kenia getestet. Die Falle ahmt den Menschengeruch beinahe perfekt nach. Und darauf stehen die Stechmücken offenbar.

Das berichten die Forscher in einem Beitrag für die neuste Ausgabe der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet". Das internationale Team um Professor Willem Takken hat eine dreijährige Studie durchgeführt und konnten nachweisen, dass die Anzahl der Fiebermücken auf der kenianischen Insel Rusinga um 70% gesunken war, nachdem die Menschengeruch-Falle dort eingesetzt wurde.

"Mücken finden ihre Wirte - wie etwa Menschen - durch unterschiedliche Merkmale, unter anderem den Geruch", erklärt Dr. Renke Lühken, Mückenforscher am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Stechmücken müssen Blut saugen, um sich zu reproduzieren. Im Gespräch mit der Deutschen Welle erklärt Lühken, dass es für die Plagegeister daher existenzwichtig sei, die richtigen Wirte finden zu können. "Deswegen ist die Idee eigentlich nicht neu. Früher benutzte man in Afrika auch getragene Socken, die den Körpergeruch emittieren, um Mücken zu locken."

Infografik Mückenfalle deutsch

"Mücken auf der Rusinga haben es nicht leicht"

Die neuartige Mückenfalle sieht wie eine Kapuze aus. Sie enthält verschiedene Stoffe, die eine Geruchsmischung des Menschenkörpers nachahmen und Stoffe wie Kohlendioxid oder Milchsäure abgeben. Sobald Mücken durch den "Duft" angelockt werden und sich in der Nähe befinden, werden sie umgehend durch einen Ventilator in die "Kapuze" gesaugt und geschleudert.

Wissenschaftler, die das Gerät erfunden haben, betonen, dies sei eine "umweltfreundliche und nachhaltige Mückenbekämpfungsmethode ohne Insektizideneinsatz." Willem Takken geht davon aus, dass es im Gegensatz zu giftigen Chemikalien eher unwahrscheinlich ist, dass die Mücken im Laufe der Zeit gegen die Lockstoffe aus der Mückenfalle "resistent" werden. Schließlich bräuchten Mücken die Fähigkeit, ihre Wirte zu finden und somit überleben zu können.

Auch der Hamburger Mückenforscher Lühken sieht das so: "Diese Fähigkeit funktioniert immer noch über diese Geruchstoffe. Wenn Stechmücken gegen Menschengeruch resistent wären, müssten sie ihre Wirte wechseln, um nicht zu verhungern. Sie könnten also nicht mehr auf Menschengeruch gehen, sondern müssten zum Beispiel auf den von Vögeln. Das wäre dann eine komplette Änderung des Lebensverhaltens, was gleichzeitig ein großer Sprung der Evolution wäre."

Lühken glaubt, wenn die Mücken nicht zwischen der künstlichen Geruchmischung und dem echten Menschengeruch unterscheiden können, haben die Blutsauger auf der Rusinga-Insel im Victoriasee ein "schwieriges Leben".

Professor Willem Takken führt die Funktion einer Mückenfalle vor (Foto: Wageningenur)
Professor Willem Takken führt die Funktion der Mückenfalle vorBild: Wageningenur

Nicht nur gegen Malaria

Das Ziel der neuartigen Geruchfalle sind Fiebermücken, die die Hauptverursacher der Malaria auf der Rusinga-Insel sind. Als Ergänzung zu gängigen Maßnahmen wie Insektennetzen oder Anti-Malaria-Pillen hängten Wissenschaftler die "Kapuzen" vor einige Wohnhäuser. Am Ende konnten sie konstatieren, dass die Ansteckungsgefahr der dortigen Bewohner um 30 Prozent niedriger lag, als die derjenigen, die in Häusern ohne Mückenfalle wohnten.

"Es ist der erste mir bekannte Fall, in dem nachgewiesen wurde, dass ein systematischer Fang großer Mengen von Stechmücken tatsächlich zu weniger Malariainfektionen führen kann", lobt der Hamburger Wissenschaftler Lühken seine Kollegen aus den Niederlanden, Kenia und der Schweiz.

Auch gegen andere Mückenarten, die Krankheitserreger wie das Zika- oder Dengue-Virus übertragen, kann die Geruchsfalle wirken. Schließlich orientieren sie sich auch nach dem Menschen-Geruch.

Ein nachhaltiges Entwicklungsprojekt

Malaria ist eine der häufigsten Todesursachen auf dem afrikanischen Kontinent. Laut Weltgesundheitsorganisation(WHO) sterben jedes Jahr knapp eine Millionen Menschen an Malaria - das entspricht knapp zwei Todesopfern pro Minute. 90% der Malaria-Erkrankten leben zurzeit in Afrika. "Malaria zu besiegen, ohne Pestizide zu verbrauchen, ist ein ultimativer Traum von mir", sagt der Geruchsfallen-Erfinder Willem Takken. Er hofft, durch seine neuartige Mückenbekämpfung könne sich auch der Verbrauch der Pestizide verringern.

Dass die Mückenbekämpfung auf der Rusinga-Insel nachhaltig ist, liegt nicht nur daran, dass keine giftige Chemikalie in Gebrauch kommt. Der Strom, der den Ventilator unter der "Kapuze" antreibt, kommt direkt aus der Solaranlage auf dem Dach des Wohnhauses. So bekommen die Einwohner der Insel, die noch nicht mit dem zentralen Stromnetz verbunden ist, erstmals auch die Möglichkeit zum Aufladen von Mobiltelefonen oder zur elektrischen Beleuchtung.