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Müssen Olympische Spiele sein?

28. Februar 2010

Olympische Spiele sind ein beliebtes Ziel von Kritikern. Angesichts der zahlreichen, massiven Vorwürfe stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung. Für DW-Sportredakteur Wolfgang van Kann gibt es die weiterhin.

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Erwarten sie jetzt nicht, dass ich die Vorwürfe der Olympiakritiker einfach brüsk zurückweise. Das wäre naiv. Es gibt den überbordenden Gigantismus der Spiele der auch immer mehr Organisationsprobleme und eine immer stärkere Kostenexplosion mit sich bringt. Auf die Gesundheit der Sportler wird teilweise nicht genug Rücksicht genommen, und ihre Interessen werden teilweise ignoriert. Die Dopingproblematik ist weiterhin ungelöst. Die Kommerzialisierung schlägt bei Olympia voll zu und die Wirkung der Spiele wird von der Politik ausgenutzt – im Osten nur offener als im Westen.

Wolfgang van Kann, Leiter der DW-Sportredaktion
Wolfgang van Kann, DW-SportredaktionBild: DW

Und dennoch. Kein anderes Sportereignis wird so als Fest zelebriert wie die Spiele. Nirgendwo sonst gibt es so viele verschiedene Sportarten auf einem Fleck, nirgendwo sonst hat man die Bandbreite vom lupenreinen Amateur bis zum millionenschweren Profi. Ganz zu schweigen von den oft als Exoten bezeichneten Außenseitern, die nur bei Olympia die Chance haben, ins Rampenlicht zu kommen. Bei Welt und Kontinentalmeisterschaften werden sie dem rigiden Leistungsprinzip geopfert. Kaum sonst einmal fiebern ganze Orte mit ihrem Athleten, stehen ganze Nationen hinter ihren Sportlern.

Allein schon durch den Vierjahresrhythmus und die Begrenzung und Kontingentierung der Teilnehmerzahl stechen die Olympischen Spiele aus dem heutigen Wust an Europa- oder Weltmeisterschaften, Weltcup- und Grand-Prix-Serien heraus. Nur wenige Athleten haben in ihrer Karriere die Chance, an Olympischen Spielen teilzunehmen, geschweige denn Medaillen zu gewinnen. Weshalb die bei einer Karrierebewertung der wichtigste Aspekt sind. Ein Athlet kann noch so viele Welt- und Europameistertitel sein eigen nennen, ohne Olympiasieg ist die Karriere unvollständig.

Und man versteht, was ein Erfolg den Athleten bedeutet, wenn haushohe Favoriten plötzlich die Nerven verlieren und alles verspielen, wenn sie tränenüberströmt nach ihrem Erfolg zu keinem vernünftigen Kommentar fähig sind. Oder wenn gestandene Männer und Frauen mit glänzenden Augen und verklärtem Blick wie Kinder unter dem Weihnachtsbaum ihre Medaille in Empfang nehmen und versonnen der Nationalhymne lauschen. Wenn normal nüchterne Menschen verzückt erklären, von einer solchen Medaille hätten sie schon als Kind geträumt. Und es soll keiner glauben, dass sie in solchen Momenten ans Geld, ans Versilbern des Erfolgs denken.

Allerletzte, vielleicht noch vorhandene Zweifel verschwinden, wenn sich der eigentlich zur Neutralität verpflichtet Berichterstatter dabei erwischt, wie er mit den Sportlern leidet, wie er um sie zittert, mit ihnen jubelt und in bestimmten Momenten einen Kloß im Hals hat. Spätestens dann wird noch einmal klar: Olympische Spiele sind und werden weiterhin das herausragende Sportereignis sein.

Autor: Wolfgang van Kann

Redaktion: Stefan Nestler