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Luxusvillen für Nieten in Nadelstreifen

Marcel Fürstenau31. August 2002

Groß war der Aufschrei in politischen und publizistischen Kreisen, als sich in Berlin die rot-rote Regierung anschickte, mit den Altlasten aufzuräumen. Marcel Fürstenau hat sich so seine Gedanken dazu gemacht.

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SPD und PDS – Sozialdemokraten und Sozialisten – Seit‘ an Seit‘ in der deutschen Hauptstadt. Die einst durch eine Mauer geteilt war. Errichtet von der SED. Und deren Nachfolgerin, die PDS, schickt sich nun an, das mit über 40 Milliarden Euro verschuldete Berlin sanieren zu wollen. Ein Treppenwitz der Geschichte. Wenn eine Partei nichts von Wirtschaft versteht, dann die PDS. Und an dieser Behauptung ist ja auch was dran. Denn wo sollen plötzlich die Experten hergekommen sein in den geschlossenen Reihen der Sozialisten, die seit Jahrzehnten Ökonomie mit staatlicher Planwirtschaft gleichsetzen? So weit, so richtig.

Doch eine andere Frage ist damit keinesfalls beantwortet: Wo kommen eigentlich die vielen Schulden her, die Berlin drücken und fast zahlungsunfähig gemacht haben? Die Sozialisten haben damit nun wirklich nichts zu tun. Hat da nicht seit Anfang der 1980er Jahre eine Partei fast ununterbrochen die Regierungsgeschäfte geführt, die von sich behauptet, von Wirtschaft am meisten zu verstehen: die CDU? Und hat die nicht gemeinsam mit der SPD (!) eine Bank gegründet, die der Hauptstadt einen nimmer endenden Geldsegen verschaffen sollte? Ganz so, wie es die Bundesbank mit ihren jährlichen Milliarden-Gewinnen zum Wohle des Bundes tut. Leider passierte in Berlin das Gegenteil. Die Bank ging pleite, sie wurde vor allem wegen hochriskanter Immobiliengeschäfte zum Sanierungsfall, für den der Steuerzahler noch mehrere Jahrzehnte blechen muß.

Apropos Immobilien und Sanierung: die für den Ruin der Berliner Bankgesellschaft verantwortlichen Manager haben zumindest in einem Punkt ganze Arbeit geleistet oder besser gesagt: leisten lassen. Sage und schreibe 19 (in Worten: neunzehn) Villen sind für die Herren Vorständler auf Kosten der Bank erworben und nach den Wünschen ihrer anspruchsvollen Bewohner hergerichtet worden. Jetzt veröffentlichte der ‚Tagesspiegel‘ ein paar pikante Details. Demnach kostete die preiswerteste Luxus-Immobilie mit allem Drum und Dran 0,997 Millionen Euro, die teuerste 5,984 Millionen.

Genehmigt hat das alles im Alleingang der damalige Aufsichtratsvorsitzende der Bankgesellschaft, Edzard Reuter, ehedem Boß des Daimler-Benz-Konzerns. Korrekt war das Schöner-Wohnen-Programm zum Wohle hochbezahlter Nieten in Nadelstreifen wohl kaum. Davon jedenfalls gehen Wirtschaftswissenschaftler aus und verweisen auf das Aktiengesetz. Demnach hätte der gesamte Aufsichtsrat dem Kauf der Villen und ihrer weit unter Marktniveau erfolgten Vermietung an die Herrschaften aus der Bel-Etage der Berliner Bankgesellschaft zustimmen müssen.

Vielleicht hat die ganze Geschichte ja noch ein Nachspiel – vor Gericht. Im Berliner Parlament gibt’s immerhin einen Untersuchungsausschuß. Weniger als ein schwacher Trost, denn Sanktionsmöglichkeiten hat der keine. Am Ende werden die raffgierigen Manager, die im Zusammenspiel mit Politikern die größte Pleite in der Geschichte Berlins verursacht haben, wohl ungeschoren davon kommen. Soll man sich nun darüber mehr ärgern oder über die rot-rote Regierung in Berlin? Die kam nämlich nur deshalb zustande, weil die CDU/SPD-Koalition durch den Banken-Skandal zerbrochen war ...