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"Wrackteil höchstwahrscheinlich vom MH370"

Gabriel Dominguez/efgh30. Juli 2015

Mit Hochdruck untersuchen Ermittler das zwei Meter lange Flugzeugteil, das auf La Réunion gefunden wurde. Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt erklärt, welche neuen Erkenntnisse der Fund bringen könnte.

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Heinrich Großbongardt Experte
Bild: Expairtise

Nach der Entdeckung des Wrackteils gibt es Hoffnung, endlich eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte zu lösen. Die Boeing 777 der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH370 verschwand am 8. März 2014 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking spurlos vom Radarschirm und wurde nie gefunden.

Für die Untersuchung des jetzt mehr als 5000 Kilometer von der letzten bekannten Flugposition entdeckten Wrackteils ist Malaysia federführend - in Zusammenarbeit mit dem Hersteller Boeing. Beteiligt sind auch die Flugsicherheitsbehörden Frankreichs, der USA und Australiens.

Der australische Verkehrsminister Warren Truss hält es für eine "realistische Möglichkeit", dass das angeschwemmte Wrackteil zur verschwundenen Boeing 777 gehört. Der Fund sei eine bedeutende Spur, sagte Warren Truss. Australien koordiniert die Suche im Indischen Ozean.

Im Interview mit der Deutschen Welle sagt der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt, dass die neue Entdeckung für die Ermittlung ein großer Fortschritt sein könnte.

Infografik Flug MH370 Fundort des Trümmerteils DEU

DW: Wenn das vor La Réunion gefundenen Wrackteil tatsächlich von einer Boeing 777 stammt, wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein Teil der verschollenen MH370 handelt?

Heinrich Großbongardt: Wenn offiziell bestätigt ist, dass das Teil von einer 777 stammt, dann gehört es höchstwahrscheinlich zu dem vermissten malaysischen Flugzeug. Rein theoretisch könnte es auch ein einzelnes Ersatzteil von einem anderen Flugzeug sein. Aber so etwas geht nicht einfach verloren, ohne dass es dokumentiert wird. Das ist ja keine Massenware. Jede Boeing 777 hat zwei dieser Steuerruder, und es wurden ein paar Ersatzteile gefertigt.

Ist es denn möglich, dass das Flugzeugteil durch Meeresströmungen mehrere tausend Kilometer von der Stelle weggetrieben wurden, an der die Maschine zuletzt geortet wurde?

Grundsätzlich sind die Strömungen im Indischen Ozean stark genug, um ein solches Teil von der australischen Küstenregion bis nach La Réunion zu treiben. Es gibt eine riesige Strömung gegen den Uhrzeigersinn. Westlich von Australien bewegt sie sich Richtung Norden, folgt dann dem Äquator und bewegt sich nach Süden entlang der Küste Madagaskars. Wenn sich das bestätigt, wäre es ein Beweis dafür, dass das Flugzeug höchstwahrscheinlich südlich des Äquators zum Absturz kam, was sich auch mit den satellitengestützten Kalkulationen über die Flugroute deckt.

Wie kann bewiesen werden, dass das Wrackteil wirklich zu MH370 gehört?

Alle Flugzeugteile haben eine Identifikationsplakette. Dort stehen die Seriennummer und weitere Informationen. Daran könnten die Ermittler es festmachen. Es ist ein sehr gründliches System, alles ist gut dokumentiert.

Welche Rückschlüsse können die Ermittler aus dem Wrackteil ziehen, was das Schicksal der Unglücksmaschine angeht?

Bei dem vor La Réunion gefundenen Wrackteil handelt es sich vermutlich um ein sogenanntes Flaperon, eine Flügelklappe. Es wäre der erste Beweis dafür, dass MH370 auseinandergebrochen ist. Nicht mehr und nicht weniger. Aber für die Angehörigen, die einen geliebten Menschen an Bord verloren haben, ist das eine wichtige Information.

Könnte der neue Fund zur Klärung beitragen, wo und wie das Flugzeug abgestürzt ist?

Ein Einzelstück wie dieses wird uns keine ganze Geschichte hinter dieser Tragödie erzählen können. Aber es kann der Ermittlung mehr Licht ins Dunkel bringen. Zuerst wird der Schaden untersucht. Dies könnte Hinweise darauf geben, wie stark und aus welcher Richtung die Kräfte kamen, die zur Beschädigung des Steuerruders führten.

Dann könnte man die Meeresorganismen, die auf dem Flügel leben, sowie die Meeresströme in den letzten 15 Monaten analysieren. Daraus könnte man schlussfolgern, wo möglicherweise andere Teile zu finden sind.

La Reunion Fund vermutliches Wrackteil Malaysia Airlines Flug MH370
Ermittler auf La Réunion mit dem gefundenen WrackteilBild: Reuters/Zinfos974/P. Bigot

Wie würde das die weiteren Suchaktionen beeinflussen? Was würde passieren, wenn festgestellt wird, dass das Teil wirklich vom MH370 stammt?

Für die Ermittlung ist es wichtig, solche physischen Beweismittel für eine Analyse zu haben. Ich befürchte aber, dass es für die Suchaktion keine große Auswirkung hat.

Heinrich Großbongardt ist Luftfahrtexperte aus Hamburg und Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft für die Luftfahrtindustrie ExpAIRtise.

Das Interview führte Gabriel Dominguez.