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Losung: "Totaler Krieg"

6. Februar 2003

Während die Kinder im Land verhungern, schwadroniert Nordkoreas Diktator Kim Jong-il von "menschlichen Bomben", die er auf die USA loslassen will. Die staatliche Presse raunt derweil endzeitschwer vom "totalen Krieg".

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Missliebige Töne vom "Geliebten Führer" Kim Jong-ilBild: AP

Nordkorea hat den USA für den Fall eines Angriffs auf seinen Atomreaktor mit einem "gewaltigen Gegenschlag" gedroht. "Wenn die USA einen Überraschungsangriff auf unsere friedlichen Atomanlagen starten, dann wird das einen totalen Krieg auslösen", schrieb die Parteizeitung Rodong Sinmun in einem Kommentar. Es sei dumm von den USA zu denken, dass man mit verschränkten Armen still da sitzen und warten werde, bis sie den Befehl für einen vorbeugenden Angriff gäben. Dabei war der Anlass eher eine Bagatelle: Das Pentagon hatte zu Beginn der Woche bekannt gegeben, zwei Dutzend Kampfbomber und etwa 2000 Luftwaffensoldaten auf die Pazifikinsel Guam zu entsenden, die ohnehin amerikanischer Stützpunkt ist.

Streit um das Atomprogramm an der "Achse des Bösen"

Kern der Spannungen ist noch immer das Eingeständnis Nordkoreas vom Oktober 2002, ein Atomprogramm zu betreiben. Damit hat das kommunistische Land nach US-Angaben gegen ein Abkommen von 1994 verstoßen, in dem es auf sein Nuklearprogramm verzichtet hatte. Die USA werfen dem Land vor, waffentaugliches Plutonium herzustellen. Im Gespräch mit DW-RADIO hingegen betonte die Wissenschaftlerin Anette Schaper von der Hessischen Stiftung für Friedens-und Konfliktforschung, von Nordkorea gehe keine akute Kriegsgefahr aus. Die Regierung in Pjöngjang hatte am Mittwoch (5.2.2003) mitgeteilt, die Nuklearanlagen zur Stromversorgung würden wieder "auf ein normales Maß" hochgefahren und "derzeit" auf friedliche Zwecke beschränkt bleiben.

Dauerstrategie der Markigen Worte

Im dem gezielt eskalierten Streit mit den USA schließt Nordkorea nun auch einen Erstangriff gegen US-Truppen in der Region nicht mehr aus. Sollten die USA ihre Militärpräsenz in Südkorea weiter verstärken, werde Pjöngjang dies als Einmarsch oder Angriff betrachten, sagte ein hoher Beamter des nordkoreanischen Außenministeriums am Donnerstag (6.2.2003).

Wohlverhalten gegen Öl

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bezeichnete die Lage in Nordkorea angesichts dieser Rhetorik als gefährlich und wies darauf hin, dass die USA jederzeit zwei Kriege zugleich führen könnten. Dies solle aber nicht als Kriegsdrohung verstanden werden. Denn noch immer setzt der US-Präsident George W. Bush auf eine diplomatische Lösung des Streits mit Nordkorea. Die Regierung in Pjöngjang will die USA zwingen, die im Oktober ausgesetzten Öllieferungen in das darbende Land fortzusetzen.

Südkorea weiter auf Entspannungskurs

Überhaupt keine Kriegslust verspürt unterdessen Südkorea, dessen Hauptstadt Seoul in Reichweite von über 10.000 nordkoreanischen Geschützen liegt. Der designierte südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun versprach, einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel "unter allen Umständen" zu vermeiden. "Ich werde den Frieden dieser Nation sichern. Das ist die Verpflichtung, die ich eingehe", sagte Roh in der Stadt Incheon.

Regierungskreise in Südkorea schließen nicht aus, dass Nordkorea die Eskalationsstrategie noch verschärft und in Kürze seine Raketentests wieder aufnimmt. Nach Rumsfelds Einschätzung sei Pjöngjang derzeit im Besitz von ein bis zwei Nuklearwaffen. Das Land verfüge jedoch über genügend nukleares Material, um in kurzer Zeit sechs bis acht weitere Bomben herzustellen.

Beide Koreas auf dem Weg der Annäherung

Ungeachtet des Konflikts um das nordkoreanische Atomprogramm haben Süd- und Nordkorea jetzt die erste grenzüberschreitende Straßenverbindung seit dem Korea-Krieg 1950-53 eröffnet. Mit Bussen fuhr eine Gruppe von knapp 100 Unternehmensvertretern und Regierungsbeamten aus Südkorea über einen entminten Straßenkorridor durch die demilitarisierte Zone (DMZ) zwischen beiden Ländern. Nach Angaben des Vereinigungsministeriums in Seoul soll so der Landweg zum grenznahen Geumgang-Gebirge an der nordkoreanischen Ostküste erkundet werden.

Noch vor Ende dieses Monats sollen die ersten südkoreanischen Touristen mit organisierten Touren auf der bislang behelfsmäßigen Straße zu dem Gebirge fahren können. Der südkoreanische Hyundai- Konzern organisiert seit Ende 1998 Kreuzfahrten zu dem Gebirgsmassiv. Beide Länder wollen außer grenzüberschreitenden Straßen auch ihre unterbrochene Schienenverbindung wiederherstellen. Bei bilateralen Ministergesprächen im Januar hatten sich beide Koreas auf die Zusammenarbeit für eine friedliche Lösung der Nuklearfrage geeinigt. (dk)