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Lob und Kritik für Minister-Wechsel

9. Februar 2009

Kanzlerin Merkel hat dem neuen Wirtschaftsminister Guttenberg ihr Vertrauen ausgesprochen. "Ich bin davon überzeugt, dass er seine Arbeit exzellent machen wird", sagte sie. Das sehen die anderen Parteien ganz anders.

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Der designierte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und CSU-Chef Horst Seehofer (Foto: AP)
Beförderte seinen Generalsekretär zu Guttenberg zum Wirtschaftsminister: CSU-Chef SeehoferBild: AP

Anlässlich der Berufung Karl-Theodor zu Guttenbergs trat Kanzlerin Angela Merkel am Montag (09.02.2009) persönlich vor die Presse. Der 37-jährige CSU-Politiker habe eine "sehr anspruchsvolle Aufgabe" in Zeiten der Wirtschaftskrise übernommen. Seine internationalen Erfahrungen würden ihm aber dabei helfen, sagte Merkel. Er stehe für die gesamte Union als Wirtschaftsminister.

Merkel lobt Vorgänger und Nachfolger

Merkel und Seehofer (Foto: AP)
Seehofer und Merkel - als Krisenmanager gefordertBild: AP

Merkel hob auch hervor, dass sie den Rücktritt des bisherigen Bundeswirtschaftsministers Michael Glos (ebenfalls CSU) bedauere. Er habe immer "ein großes Herz für den Mittelstand" gehabt. Die Kanzlerin wies dabei auch Vorwürfe zurück, nach dem Rücktrittsangebot von Glos am Samstag habe es zu lange gedauert, bis die Nachfolge geregelt gewesen sei. Ihr sei immer klar gewesen, "dass wir am Wochenende zu einer Entscheidung kommen müssen, weil wir uns in einer Zeit der Wirtschaftskrise keine Hängepartie leisten können." Die Neubesetzung Anfang der Woche sei "angemessen" für eine so schwierige Entscheidung und auch "zeitgerecht". Mit CSU-Chef Horst Seehofer habe es dabei eine "sehr, sehr gute, intensive Zusammenarbeit" gegeben.

Seehofer "Ich wurde kalt erwischt"

Seehofer räumte offen ein, von Glos überraschendem Rückzug am Wochenende kalt erwischt worden zu sein. Er sprach von einer "unerfreulichen Entwicklung". Er habe jedoch "nicht den geringsten Groll." Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur spielte bei Glos Rücktritt - neben Altersgründen - auch das seit langem zerrüttete Verhältnis zu Seehofer eine Rolle. Dieser soll hinter dem Rücken von Glos bereits nach möglichen Nachfolgern Ausschau gehalten haben. Dies habe bei Glos das Fass zum Überlaufen gebracht, hieß es aus Unionskreisen.

Heftige Kritik vom Koalitionspartner

SPD-Chef Müntefering (Foto: AP)
Für SPD-Chef Müntefering war der Glos-Abgang "unwürdig"Bild: AP

Der Personalwechsel an der Spitze des Wirtschaftsressorts stieß bei allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien auf zum Teil heftige Kritik. SPD-Chef Franz Müntefering sagte, der Rücktritt sei in einer "unwürdigen Weise" abgelaufen. In einer solchen Zeit müsse man dem eigenen Wirtschaftsminister "den Rücken stärken und darf ihm nicht hinterrücks die Stuhlbeine absägen". Das habe "der Glos" so nicht verdient, betonte Müntefering. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte, Glos sei von Seehofer und von Merkel allein gelassen worden und habe nun "frustriert das Handtuch geschmissen". Der Hickhack um den Personalwechsel zeige, dass Merkels Autorität schwinde. Der Partei- und Fraktionsvize der FDP, Rainer Brüderle, kritisierte: "Offenbar genügt es der Union, dass man lesen und schreiben kann, um Wirtschaftsminister zu werden."

Häme seitens der Opposition

Nach Ansicht der Grünen offenbart die Nominierung Guttenbergs eine "dramatische Kompetenzlücke" der CSU in der Wirtschaftspolitik. Einen Außenpolitiker als Wirtschaftsminister zu berufen, zeige, dass Seehofer mit dem Rücken zur Wand gestanden habe, sagte Vize-Fraktionschefin Christine Scheel. Und ihr Parteifreund Jürgen Trittin sagte: "Wir haben jetzt eine Situation, wo man sozusagen in den Personen der Wirtschaftsminister von der Schlafpille zum Azubi übergeht."

Sogar aus den eigenen Reihen gab es Kritik an der Personalentscheidung. So bemängelte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Otto Bernhardt (CDU), gegenüber der "Bild-Zeitung": "Herr von Guttenberg ist fähig, ein Ministeramt zu übernehmen. Allerdings ist er bisher als Außenpolitiker aufgetreten. Die Personalie zeigt deshalb erneut, dass es um die Wirtschaftskompetenz der Union schlecht bestellt ist. Uns fehlen die jungen Politiker mit wirtschaftspolitischer Ausstrahlung, wie sie ein Friedrich Merz hat." Der Bundestagsabgeordnete Andreas Lämmel (CDU), Mitglied im Wirtschaftsausschuss, schloss sich der Kritik von Bernhardt an: "Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise hätte das Amt von einem ausgewiesenen Wirtschaftsexperten übernommen werden müssen. Herr von Guttenberg ist bisher eher als Außenpolitiker aufgefallen." (mm/wa/fg)

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