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Lloyd's of Brussels?

30. März 2017

Der traditionsreiche Londoner Versicherer Lloyd’s baut ein europäisches Standbein auf. Die neue europäische Gesellschaft soll 2019 ihr Geschäft aufnehmen – in Brüssel, dem Sitz der EU.

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Spektakuläre Firmensitze London Lloyd's Building
Firmensitz von Lloyd's in London Bild: Getty Images

Die Versicherungsgruppe, die auf die Absicherung von Risiken durch Katastrophen wie Erdbeben, Schiffsunglücke oder auch Revolutionen spezialisiert ist, begründete die Entscheidung am Donnerstag mit dem drohenden Brexit. Am Tag zuvor hatte die britische Regierung offiziell das Austrittsverfahren aus der Europäischen Union in Gang gesetzt.

"Es ist wichtig, dass wir dem Markt und den Kunden eine effiziente Lösung bieten, damit das Geschäft ohne Unterbrechung weiterlaufen kann, wenn Großbritannien die EU verlässt", hieß es in einer Erklärung von Lloyd's of London. Der Versicherer äußerte sich nicht dazu, ob im Zuge der Neuansiedlung in Brüssel zum 1. Januar 2019 Arbeitsplätze am bisherigen Hauptsitz abgebaut werden sollen.

Auch JPMorgan sucht Alternativen

Lloyd's hat bisher in London 700 Mitarbeiter. Bei der Suche nach dem neuen Standort hatte sich Brüssel Medienberichten zufolge gegen Dublin, Malta und Luxemburg durchgesetzt. Das Unternehmen hatte bereits vor dem Brexit-Referendum gewarnt, man werde bei einer Entscheidung gegen Europa möglicherweise einen Teil des Geschäfts aus London verlagern müssen. Ohne ein Standbein innerhalb der Europäischen Union müsste Lloyd's fürchten, nach dem Brexit keine Geschäfte innerhalb der EU mehr zeichnen zu dürfen. 

Auch in London angesiedelte Banken zwingt der Brexit zur Suche nach neuen Domizilen. So erwägt auch die US-Investmentbank JPMorgan eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und verhandelt derzeit nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg über den Kauf eines Bürogebäudes in Dublin. In das Gebäude könnten mehr als 1000 JPMorgan-Mitarbeiter einziehen, hieß es am Donnerstag unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Die Investmentbank teilte in einer Stellungnahme mit, dass bislang noch keine abschließende Entscheidung gefallen sei und noch zahlreiche andere Optionen auf dem Tisch lägen.

Finanzpass

Beobachter vermuten, dass der Exodus großer Finanzdienstleister aus Großbritannien gerade erst begonnen hat. Hintergrund für diesen Exodus ist das so genannte Finanzpass-Recht: Hat ein Finanzdienstleister - der nicht zwingend aus Europa, sondern auch aus Übersee stammen kann - in einem Land der Europäischen Union eine Lizenz für seine Geschäfte erworben, darf er damit ohne erneute Prüfung im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum aktiv werden. Das bedeutet jedoch auch, dass Finanzdienstleister, die ihre Lizenz in Großbritannien erworben haben, künftig ihren Sitz oder große Teile ihres Geschäfts auf den Kontinent verlagern müssen, wenn sie dort weiter tätig sein wollen. 

ar/wen (afp, dpa)