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Liza Marklund: Studio 6

Wim Abbink23. Februar 2005

Die junge Journalistin Annika Bentzon steht am Anfang ihrer Karriere. Der Mord an einer Stripperin könnte ihre große Chance sein. Allerdings weitet sich der Mordfall zu einem Skandal aus.

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Der Originaltitel bringt's auf den Punkt: "Studio Sex". Gemeint ist einmal ein einschlägiges Etablissement in Stockholm, zum anderen ein Nachrichtenjournal im schwedischen Hörfunk. Beide Einrichtungen spielen in diesem Roman eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt für die Protagonistin Annika Bengtzon - eine junge Reporterin, die als Sommervertreterin in einer angesehenen Stockholmer Abendzeitung arbeitet. Natürlich in der Hoffnung auf eine Festanstellung - und auf die Chance, ihre nordschwedische Heimat endgültig hinter sich zu lassen.

Buchcover: Marklund - Studio 6

Da kommt die Leiche auf dem jüdischen Friedhof gerade recht: Die vergewaltigte und gewürgte Josefine arbeitete im besagten Nachtklub. Die Recherchen der viel versprechenden Nachwuchsjournalistin, die den Verdacht auf den Besitzer von "Studio Sex" lenken, kommen in der Redaktion gut an. Bis plötzlich ein weiterer Verdächtiger auftaucht, den sie nicht auf der Rechnung hatte: ein veritabler Minister. Für das "sörmländische Landei" scheint der Karriereknick vorprogrammiert ...

Wohlfahrtsstaat und Gewalt

Doch es kommt anders - wie wir wissen. Denn "Studio 6" ist nicht der erste Krimi, der von Liza Marklund erschienen ist. Allerdings kommt der Roman von der Chronologie her vor allen anderen Büchern in der Bengtzon-Reihe mit ihrem Kontrast aus skandinavischen Wohlfahrtsstaat und alltäglicher Gewalt.

Autorin Liza Marklund
Autorin Liza MarklundBild: picture-alliance/dpa

Der kriminalistische "Plot" ist nicht sonderlich fesselnd, der Spannungsbogen wird eher mühsam aufrecht erhalten - auch wenn zum Schluss noch ein Mord, quasi "in eigener Sache", hinzukommt. Dennoch ist das Buch lesenswert. Bei aller Gesellschaftskritik, die für schwedische Krimis offensichtlich unabdingbar ist, sind Marklunds Büchern längst nicht so schwermütig wie die ihrer Landsmänner Mankell und Nesser oder gar der Altmeister Sjöwall und Wahlöö.

"Gläserne Politiker"

Die Stärken des Buchs liegen vor allem in der Schilderung des chaotischen Arbeitsalltags in einer Zeitungsredaktion und des Umgangs mit Fragen der Presse-Ethik - nicht überraschend, wenn man den journalistischen Background der Autorin kennt - und in der Beschreibung des schwedischen Umgangs mit "Personen der Öffentlichkeit": Es gibt wohl nicht viele Länder, in denen es wirklich "gläserne Politiker" gibt und in denen jeder Bürger selbstverständlich Einsicht in Dienstreisekosten-Abrechnungen von Ministern verlangen kann. Ob es diese Politiker dadurch zu besseren Politikern macht, sei allerdings dahin gestellt.

Übrigens: Der Mord, der am Anfang des Buches steht, wird natürlich, so viel sei verraten, aufgeklärt. Wenn auch ganz anders als alle Beteiligten (und damit auch der Leser) erwartet hätten ...