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Literaturnobelpreisträger Saul Bellow gestorben

6. April 2005

Der amerikanische Schriftsteller Saul Bellow ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Den Höhepunkt seines Ruhms markierte der Roman "Humboldts Vermächtnis", für den er 1976 den Nobel- und den Pulitzer-Preis erhielt.

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Saul Bellow in seinem Büro der Universität Boston im Jahr 1997Bild: AP

Der in einem Arme-Leute-Vorort der kanadischen Großstadt Montréal geborene Autor, der mit Romanen wie "Herzog" und "Humboldts Vermächtnis" weltberühmt wurde, gehörte zu den am meisten und bewunderten und verehrten Schriftstellern Nordamerikas. Eine wichtige Rolle spielten für ihn die Erfahrungen von Einwanderern, insbesondere von Juden, und deren oft harter Überlebenskampf.

Bellows Eltern waren jüdische Einwanderer aus Russland. Die erste Sprache, die der Junge lernte, war Hebräisch. Im Alter von neun Jahren zog die Familie nach Chicago. Das östlich-jüdisch geprägte Großstadtmilieu, in dem er aufwuchs, beeinflusste später Bellows literarisches Schaffen.

"Rückrat der amerikanischen Literatur"

Sein Kollege Philip Roth sagte, der Verstorbene habe gemeinsam mit William Faulkner "das Rückgrat der amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts" gebildet. Die Nobelpreis-Jury würdigte seinerzeit das "menschliche Verständnis und die subtile Kulturanalyse", die sich in Bellows Werk vereinige. In"Humboldts Vermächtnis" geht es um einen wohlhabenden, erfolgreichen Schriftsteller und Intellektuellen, den sein Verhältnis zur Gesellschaft zutiefst beunruhigt.

Kritiker würdigten Bellow als bedeutenden Chronisten amerikanisch-jüdischer Intellektualität und der amerikanischen Gesellschaft insgesamt. Zu seinen Verdiensten für die Entwicklung der Literatur gehörte die Schaffung eines stark intellektbetonten Heldentyps.

Durchbruch im Alter von 29 Jahren

Nach seinem Studium der Sozialwissenschaften und der Anthropologie arbeitete Bellow zunächst als Universitätsdozent. Den Durchbruch als Schriftsteller schaffte er im Alter von 29 Jahren mit dem Kurzroman "Der Mann in der Schwebe". Als 1953 sein Buch "Die Abenteuer des Augie March" erschien, kürte die US-Kritik den fast 800 Seiten umfassenden Roman zum bedeutendsten literarischen Werk des Jahres.

1965 folgte der tragikomische Roman "Herzog", den nicht wenige für sein bestes Werk halten. Zehn Jahre später erreichte Bellow mit "Humboldts Vermächtnis" den Höhepunkt seines internationalen Ruhms. Bellows Gestalten sind oft "Antihelden", tragisch und komisch zugleich. Er schrieb von jüdischen Intellektuellen, die einst in der US-Gesellschaft Außenseiter waren. Mit 15 las Bellow bereits Freud, Marx und Lenin. In "Herzog" - die Geschichte eines Professors, dessen Ehen scheitern - baute er eine Auseinandersetzung mit den Philosophen Nietzsche und Heidegger ein.

Letzter Roman "Ravelstein"

Saul Bellow
Meister der komischen MelancholieBild: AP

Der langjährige Universitätsprofessor schrieb bis ins hohe Alter - seinen letzten Roman, "Ravelstein", vollendete er im 85. Lebensjahr. Bellow war fünf Mal verheiratet und hinterlässt neben drei Söhnen auch eine fünfjährige Tochter. Sein Freund und Anwalt Walter Pozen sagte, Bellow sei zwar krank, aber "bis zu seinem Ende wunderbar klar" gewesen. Pozen zufolge starb eri im Beisein seiner Frau und seiner Tochter in seinem Haus in Brookline im US-Staat Massachusetts. (mik)