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Linke will Staatskontrolle über Finanzsektor

20. Juni 2009

Zehn Euro Mindestlohn, höhere Steuern für Reiche und eine komplette Kontrolle des Finanzsektors - mit diesen Forderungen schwor Parteichef Oskar Lafontaine die Linke auf die Bundestagswahl ein.

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Oskar Lafontaine und Lothar Bisky (Foto: AP)
Die beiden Parteichefs: Oskar Lafontaine (li.) und Lothar Bisky auf dem ParteitagBild: AP

"Ich beschränke mich bewusst nicht auf die Forderung nach einer Verstaatlichung der Banken", sagte Lafontaine am Samstag (20.06.2009) beim Wahlparteitag der Linken in Berlin. "Hinzukommen muss eine starke Regulierung der Finanzgeschäfte, die auch die sich im öffentlichen Besitz befindenden Banken an die Kandare nimmt." Nur staatliche Kontrolle verhindere, dass "kriminelle Geschäfte mit Steueroasen" und Geschäfte außerhalb der Bilanz getätigt und der Handel mit Giftpapieren fortgesetzt würden.

In der von den Delegierten gefeierten Rede verteidigte Lafontaine auch die intern umstrittene Forderung nach zehn Euro gesetzlichem Mindestlohn für alle Branchen. Der Wert liege nur wenig über Mindestlöhnen im Ausland, hielt er Kritikern entgegen. Einige Delegierte setzen sich für eine Festlegung auf nur acht Euro ein.

100 Milliarden Euro Investitionen

Lafontaine wiederholte auch die Forderung nach einer Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf 500 Euro, nach entsprechender Erhöhung der Renten und nach Abschaffung der Leiharbeit. Zudem will die Linke mit jährlichen Investitionen von 100 Milliarden Euro und einem 100-Milliarden-Euro-Zukunftsfonds insgesamt zwei Millionen Arbeitsplätze schaffen, eine Million davon im öffentlichen Dienst.

Oskar Lafontaine mit geballter Faust am Rednerpult (Foto: AP)
Lafontaine zeigte sich gewohnt kämpferischBild: AP

Spitzensteuersatz auf 53 Prozent anheben

Neben einer Börsenumsatzsteuer, einer "Millionärssteuer" und einer höheren Erbschaftssteuer verlangt die Linke nach Lafontaines Worten zudem eine Einkommenssteuerreform mit einem Spitzensteuersatz von 53 Prozent.

"Das ist ein gerechtes Steuersystem, für das wir werben können", betonte Lafontaine. Dagegen seien "die Versprechungen von CDU/CSU und FDP angesichts der leeren Staatskassen nicht vertretbar".

Lafontaine bezeichnete die Wirtschafts- und Finanzkrise als Chance, "die Eigentumsstrukturen grundsätzlich zu reformieren". Wenn Steuergelder zur Sanierung von Betrieben flössen, dann müssten daraus Belegschaftsanteile werden. "Unsere Wirtschaftsordnung, die das wachsende Betriebsvermögen allein dem Unternehmensgründer und seiner Familie zuweist, ist verfassungswidrig, da sie auf der im Grundgesetz verbotenen Enteignung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beruht", sagte der Parteivorsitzende. "Die Mitarbeitergesellschaft ist das Unternehmen der Zukunft."

Linke will mit der SPD regieren

Lafontaine stellte klar, dass die Linke auch im Bund mitregieren würde, wenn sich die SPD dazu bereiterklären würde: "Wir verweigern uns einer Regierungszusammenarbeit nicht." Vielmehr sei es die SPD, die ein solches Bündnis ablehne. Bislang hatte die Parteispitze erklärt, ein Bündnis mit der SPD komme wegen deren Wahlprogramm nicht infrage.

Parteitags-Delegierte bei der Abstimmung über einen Antrag (Foto: AP)
Parteitags-Delegierte bei der Abstimmung über einen AntragBild: AP

Lafontaine beschwor seine Partei, geschlossen in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Die Linke müsse "Seite an Seite kämpfen", um ihre Ziele zu erreichen, mahnte er angesichts der unterschiedlichen Parteiströmungen. Nur ein Erstarken der Linken könne weitere soziale Einschnitte verhindern. Lafontaines Ziel ist ein Wahlergebnis über 10 Prozent (2005: 8,7 Prozent). Der Regierung warf er zudem vor, das Ausmaß der Finanzkrise vor der Wahl "zu verschleiern".

Der Parteichef wiederholte auch seine Forderungen nach Abkehr von der Nato und nach Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Beides gilt für die SPD als unannehmbar. Die Abstimmung über das Parteiprogramm ist für Sonntag geplant. (gri/uh/ap/dpa)