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Linke raus aus Dänemarks Medien?

24. Juni 2005

Die Mitte-Rechts-Regierung in Dänemark will alle Nachrichtensendungen der zwei öffentlich-rechtlichen TV-Kanäle auf "Allseitigkeit, Sachlichkeit und Neutralität" prüfen. Das ist aber offenbar nicht das einzige Ziel.

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Es könnte sein, es ist wieder einmal etwas faul im Staate DänemarkBild: dpa


"Wir nehmen doch nur die Debatte auf, die in der Öffentlichkeit über die Qualität der öffentlich-rechtlichen Nachrichtenvermittlung geführt wird", erklärte Kulturminister Brian Mikkelsen (39) im Fernsehen und berief sich auf die beiden führenden bürgerlichen Blätter "Jyllands-Posten" und "Berlingske Tidende".

Qualitätsoffensive oder politische Einflussnahme?

Beide Zeitungen hatten in den letzten Jahren massiv gegen Danmarks Radio (DR) Front gemacht: Der Sender sei "links unterwandert", so die Anschuldigung. "Der Sender war jahrzehntelang geprägt von einer Kultur und einem redaktionellen Milieu, in dem man klassische journalistische Fähigkeiten mit Meinungsmacherei und politisch korrekten Vorurteilen verwechselt hat", so die Anschuldigung in Dänemarks größter Zeitung, der "Jyllands-Posten". Der zweite Rundfunkkanal, TV2, gilt als betont regierungstreu.

Der Feind ist links

Die liberale "Politiken" vermutet, dass die Regierung "zielgerichtet die öffentlichen Kultureinrichtungen bis ins Detail lenken will". Das ist durchaus nicht abwägig: Kulturminister Brian Mikkelsen (39) erklärte bei der Vorstellung des Projektes in der Zeitung "Jyllands-Posten" ohne größere Umschweife, die Überprüfung des Senders gehöre zum "Kulturkampf" der Regierung. Dreieinhalb Jahre nach ihrem Antritt hat sich die Mitte-Rechts-Koalition offenbar zum Ziel gesetzt, die Dominanz von Linken und Linksliberalen in Medien und Kultur - oder das, was sie dafür hält - zu "brechen".

Politische Rückendeckung

Die im Regierungsauftrag arbeitende Forschergruppe ist ausdrücklich befugt, die "redaktionellen Milieus und Kulturen" zu durchleuchten. Neben Mikkelsens konservativer Partei und den Rechtsliberalen von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen (52) unterstützt auch die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DVP) das Vorhaben. Die DVP ist vor allem mit immer neuen Forderungen nach Verschärfungen der Ausländerpolitik zur drittstärksten Partei in Dänemark aufgestiegen.

Exakter Proporz

Die Vorwürfe gegen Danmarks Radio (DR) reichten von einer angeblich einseitig antiamerikanischen Berichterstattung über den Irak-Krieg bis zum genauen Abzählen der Parteizugehörigkeit prominenter Politiker in mehr oder minder albernen Quizprogrammen. Hier fühlte sich vor allem die DVP übergangen und setzte tatsächlich eine Anweisung der DR-Leitung durch, künftig haargenau auf Parteienproporz in allen Unterhaltungssendungen zu achten.

Nicht zuletzt diese Maßnahme zeige, so sagen kritische Stimmen in Kopenhagen, dass die massive Medien-Offensive des Regierungslagers bereits enorme Auswirkungen hat. Mogens Blicher, Vorsitzender des dänischen Journalistenverbandes, meinte in "Information": "Ich fürchte, dass das neue Forschungsprojekt zu Selbstzensur bei den redaktionellen Mitarbeitern führen wird. Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte."