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Libysche Übergangsregierung steht

23. November 2011

In Libyen hat Regierungschef al-Kib seine Kabinettsliste präsentiert. Mehrere Ex-Kommandeure der Rebellen wurden mit Ministerposten belohnt. Islamisten erhielten keine wichtigen Ressorts.

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Libyscher Übergangsregierungschef Abderrahim al-KIb mit erhobenem Zeigefinger vor einem Mikrofon (Foto: dapd)
Soll Libyen bis zu Parlamentswahlen führen: Ministerpräsident al-KibBild: dapd

Als neuen Verteidigungsminister stellte Interimsregierungschef Abderrahim al-Kib am Dienstag (22.11.2011) den früheren Rebellenkommandeur Osama al-Dschuwali vor. Seine Einheit hatte am vergangenen Wochenende den Sohn des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi, Saif al-Islam, gefasst.

Innenminister soll Fausi Abdel Aal werden. Er stammt aus Misrata und hatte im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen ebenfalls Aufständische befehligt. Dabei verlor er zwei Brüder. Die Rebellen aus Misrata hatten besonders viele Opfer zu beklagen und bestanden daher darauf, in der Regierung vertreten zu sein.

Überraschung im Außenministerium

Zum Außenminister wurde der in der Öffentlichkeit bislang relativ unbekannte Diplomat Aschur bin Chaial aus dem Osten des Landes ernannt. Er war früher in Kanada und Südkorea für das Gaddafi-Regime tätig, soll sich aber bereits in den 80er-Jahren der Opposition angeschlossen haben. Die Personalie überraschte internationale Diplomaten, die mit der Berufung des bisherigen stellvertretenden Botschafters Libyens bei den Vereinten Nationen, Ibrahim Dabbaschi, gerechnet hatten.

Der neue Finanzminister Hassan Siglam war zuvor als Manager in der libyschen Ölindustrie tätig. Auch Ölminister Abdulrahman Ben Jessa kommt aus der Branche. Er arbeitete für den italienischen Ölkonzern ENI.

Hauptsächlich säkulare Liberale

Insgesamt dominieren in der Ministerriege säkulare Liberale. Die Islamisten, die ursprünglich das Verteidigungsministerium für sich beansprucht hatten, erhielten offenbar keines der Schlüsselressorts.

Saif al-Islam mit verbundenen Fingern (Foto: dapd)
Saif al-Islam in einem Video, das kurz nach seiner Festnahme gedreht wurdeBild: dapd

Ministerpräsident al-Kib sagte bei einer Pressekonferenz in Tripolis, er könne versichern, dass "ganz Libyen" in der neuen Regierung repräsentiert sei. Kib war Ende Oktober vom Nationalen Übergangsrat, der das Land seit dem Sturz Gaddafis führt, zum Regierungschef gewählt worden. Der Wissenschaftler hatte sich im Februar der Protestbewegung angeschlossen.

Die Übergangsregierung soll in Libyen demokratische Reformen vorantreiben. Zu den wichtigen Aufgaben gehören etwa die Entwaffnung von Milizen und die Neuorganisation der Sicherheitskräfte. Im Mittelpunkt dürfte die nationale Aussöhnung nach dem monatelangen Bürgerkrieg stehen. Darüber hinaus müssen bis Mitte kommenden Jahres Wahlen vorbereitet werden.

Gaddafi-Sohn wird nicht ausgeliefert

Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Luis Moreno-Ocampo mit libyschem Justizminister Mohammed al-Alagi (Foto: dapd)
Chefankläger Moreno-Ocampo (r.) mit dem libyschen Justizminister Mohammed al-Alagi (l.)Bild: dapd

Die neue libysche Führung einigte sich mit dem Internationalen Strafgerichtshof darauf, dass dem gefangengenommene Gaddafi-Sohn Saif al-Islam in seiner Heimat der Prozess gemacht werden soll. Er wird damit nicht an das Gericht in Den Haag ausgeliefert, obwohl dort gegen den 39-Jährigen ein Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegt.

Chefankläger Luis Moreno-Ocampo stimmte diesem Vorgehen bei einem Besuch in Tripolis zu. Zugleich forderte er aber, dass die Haager Richter in das Verfahren einbezogen werden.

Bei Verurteilung droht Todesstrafe

Saif al-Islam und der frühere Geheimdienstchef Abdullah el-Senussi waren in den vergangenen Tagen in Libyen gefasst worden. Bei einem Prozess im Land selbst könnte ihnen die Todesstrafe drohen. Menschenrechtler hatten deshalb die Auslieferung der beiden nach Den Haag verlangt.

Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ist Saif al-Islam gesundheitlich in guter Verfassung. Ein Sprecher erklärte, Mitarbeiter der Organisation hätten ihn im südwestlich von Tripolis gelegenen Sintan besuchen können, wo er seit seiner Festnahme inhaftiert ist.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, rtr, afp, dapd)
Redaktion: Reinhard Kleber