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Libanons Probleme mit dem Wasser

14. Dezember 2010

Verschwendung und Misswirtschaft sind dafür verantwortlich, dass Libanon am Ende des Sommers regelmäßig vor einer Wasserkrise steht. Dabei werden seit Jahren von den Geberländern Millionen in den Wassersektor gepumpt.

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Rohre (Bild: GTZ)
Durch die Rohre fließt zu wenig WasserBild: GTZ

"Die Leute bekommen nicht das Wasser, das sie brauchen", sagt Manfred Scheu, Berater der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GTZ, die den vier regionalen Wasserbehörden im Libanon seit 2008 auf die Beine hilft. Der Versorgungsstand im Libanon sei schlechter als der in Syrien, Jordanien, Palästina oder Ägypten. "Ein Zustand, der unwürdig ist für so ein Land", sagt Scheu. Schließlich gilt der Zedernstaat als Schwellenland. Die Schwierigkeiten rührten daher, dass die Libanesen viel zu lange nichts in den Sektor investiert hätten und keine Infrastruktur aufgebaut hätten, sagt Scheu. "Und es liegt natürlich auch an Management-Problemen."

Wilde Brunnen

Seit den 70er Jahren gibt es im Libanon keinen Masterplan für den Wassersektor. Die Leute hätten deshalb einfach Brunnen gebaut, erklärt Ahmed Nizam, Leiter der Wasserbehörde im Südlibanon. Deshalb muss er jetzt 260 Brunnen betreiben, die sich auf 2000 Quadratkilometer verteilen und 350 Dörfer versorgen. "Wie sollen wir das schaffen? Das ist ein Desaster, dafür bräuchte man eine ganze Armee!" Nizam klagt ohnehin über zu wenige qualifizierte Mitarbeiter, denn die Regierung habe vor 30 Jahren einen Einstellungsstopp verhängt, der erst kürzlich wieder aufgehoben wurde.

Netzwerk mit Lecks

Leitungswirrwarr (Bild: GTZ)
In veralteten Leitungen geht Wasser verlorenBild: GTZ

Außerdem fehlt Geld für Investitionen in die Infrastruktur. Das Netzwerk ist total veraltet, hat viele Lecks und ist zudem noch angeschlagen von den israelischen Bombenangriffen im Sommer 2006. Auch deshalb geht viel Trinkwasser verloren, vor allem nachts, wenn der Druck wegen des geringeren Verbrauchs in den Netzen ansteigt. Da will die GTZ jetzt mit einem Druckregulierungsventil abhelfen, erläutert Younes Hassib von der GTZ. Eine intelligente Zwischenlösung, die allerdings die tiefer liegenden Missstände nicht ändert.

Auf der Suche nach einer Strategie

Neben Verbesserungen im technischen Bereich hilft die GTZ vor allem bei der Entwicklung einer nationalen Wasserstrategie, moderner Geschäftskonzepte und der Kundenbetreuung in der libanesischen Wasserwirtschaft. Doch das Engagement der ausländischen Helfer stößt an Grenzen. Eine davon sei die miserable Datenlage, stöhnt GTZ-Berater Scheu. "Wir wissen weder, wie viel Wasser wir verbrauchen, noch wie viel Wasser wir verkaufen. Alle Zahlen über Wasserverluste sind reine Schätzwerte." Auch der durchschnittliche Verbrauch eines Haushalts sei unklar, denn es gibt keine Zähler. Abgerechnet wird pauschal pro Haushalt. Allerdings zahlen rund dreiviertel der Kunden ihre Wasserrechnung nicht. Ungestraft. Wasserzähler hat die GTZ jetzt in einem Pilotprojekt in Sidon in 800 Haushalten installiert, denn Ziel müsse eine verbrauchsabhängige Abrechnung sein, sagt Scheu. Doch die liegt in weiter Ferne.

Ungelöste Probleme

Selbst das Leitungsnetzwerk ist in weiten Teilen nicht dokumentiert. Der Wasserchef für den Süden, Nizam, sagt, er habe vor anderthalb Jahren ein entsprechendes Gutachten beim Wasserminister angefordert. Eine Antwort habe er nie erhalten. Der Schlüssel für grundlegende Verbesserungen liegt in Beirut. Aber dort bewegt sich nicht viel. Sobald es Probleme gibt, reagiert die libanesische Regierung reflexartig: Man habe kein Geld, die Geberländer müssten sich kümmern. Die Libanesen seien Spezialisten darin, die Verantwortung für die Lösung ihrer Probleme auf andere abzuwälzen, klagen westliche Diplomaten.

Wasserzähler (Bild: GTZ)
Wasserzähler wie diese gibt es im Libanon seltenBild: GTZ

Die Grenzen des Erfolges der GTZ und so motivierter lokaler Partner wie Ahmed Nizam liegen aber nicht nur in dieser Haltung sondern ebenso in den verkrusteten Strukturen der Regierung, die geprägt sind von Verteilungskämpfen, Korruption und dem konfessionellen System. "Wenn wir zum Beispiel eine Organisationsstruktur ändern wollen, dann kommt das politisch nicht durch", sagt Scheu. Er könne auch die Strukturen im Wasserministerium nicht ändern. "Den gesamten Staatsapparat müsste man ändern. Aber das ist einfach so wie es ist." Gut gemeinte Entwicklungshilfe bietet Chancen, wenn sie wahrgenommen werden. Doch wenn die politische Führung andere Prioritäten hat, wie im Libanon, dann bleibt sie zwangsweise Stückwerk.

Autorin: Birgit Kaspar

Redaktion: Christine Harjes