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Letzte Urteile am Sondergericht in Sierra Leone

27. Oktober 2009

Das UN-Sondertribunal für Sierra Leone hat die Haftstrafen gegen drei ehemalige Rebellenführer bestätigt. Sie waren wegen Gräueltaten verurteilt worden, die sie im Bürgerkrieg von Sierra Leone begangen haben.

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Charles Taylor (Foto: dpa)
Ex-Präsident vor Gericht: Charles TaylorBild: DPA

Letzter Showdown in Freetowns Sondergericht: Drei gut genährte Männer in dunkelblauen Anzügen und mit goldenen Armbanduhren stehen regungslos hinter dem Panzerglas. Ihre Uniformen und Waffen haben sie vor langer Zeit abgelegt, doch ihre Taten holen sie ein. UN-Richterin Renate Winter aus Österreich hat jetzt das Urteil vom Februar bestätigt.

Lange Haftstrafen

Issa Sesay, einer der Anführer der RUF, der berüchtigten Revolutionary United Front, war Anfang des Jahres wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 52 Jahren Haft verurteilt worden. Sein Adjutant Morris Kallon zu 40 und RUF-Chefideologe Augustine Gbao zu 25 Jahren. Die Rebellengruppe hat in Sierra Leones Bürgerkrieg Kinder zu Soldaten gemacht, unschuldige Zivilisten ermordet, verstümmelt und vergewaltigt. Insgesamt wurden damals mehr als 250.000 Menschen getötet.

Umstrittenes Gericht

Seit Kriegsende vor sieben Jahren hat das UN-Sondergericht hunderte Millionen Dollar für Anwälte, Zeugenschutzprogramme und Prozesse ausgeben müssen – es leidet permanent unter Geldnot. Aber dafür hat es acht der wichtigsten Drahtzieher der RUF hinter Gitter gebracht. Für die Chefankläger ein Erfolg, aber für Eldridge Collins, den Vorsitzenden der wiederbelebten Revolutionary United Front Partei, ist das Siegerjustiz. "Jemanden zu 52 Jahren Haft zu verurteilen, der sein ganzes Leben gegeben hat, damit in Sierra Leone Frieden herrscht , das kann ich nicht nachvollziehen", sagt er. "Hätte Sesay anders gehandelt, wäre Sierra Leone heute kein so stabiles Land." Für ihn seien die Verurteilten nichts anderes als Opfer des Friedens, sagt Collins.

Das UN-Sondergericht in Freetown (Foto: dpa)
Das UN-Sondergericht in FreetownBild: DPA

Ausgleichende Gerechtigkeit

Gerechtigkeit ist in Sierra Leone noch immer eine Frage der Perspektive, was zeigt, dass es bis zur Versöhnung noch ein weiter Weg ist. Ein Weg, der mit den letzten Urteilen von Freetown erst begonnen hat. "Lange Zeit war es in dieser Region so, dass Menschen mit viel Macht keine Strafe fürchten mussten. Sie waren unberührbar. Und genau das haben wir mit dem Special Court verändert", sagt Peter Andersen, Sprecher des Sondergerichts. "Es ist egal, wer Du bist, Du kannst verurteilt werden! Auch als Staatsoberhaupt. Wir haben große Fortschritte gemacht im Kampf gegen die Straflosigkeit in diesem Land."

Taylor in Den Haag

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag
Der Internationale Strafgerichtshof in Den HaagBild: DPA

Das gilt besonders für Charles Taylor, Ex-Präsident von Liberia, Warlord, mutmaßlicher Kriegsverbrecher und enger Verbündeter der RUF. Aus Sicherheitsgründen findet sein Prozess, der letzte des UN-Sondergerichts, nicht im schicken Prozessgebäude von Freetown statt, sondern in Den Haag.

Wenn Charles Taylor nun in den nächsten zwei Wochen im Kreuzverhör steht, will Jabati Mambou dabei sein und Taylor in die Augen schauen – wenn er sich den Flug leisten kann. Die RUF-Rebellen haben ihm damals den rechten Arm abgehackt. "Ich will Taylor sehen, aber ich könnte nicht mit ihm sprechen", sagt Mambou. "Ich hoffe, dass er mindestens 150 Jahre hinter Gitter muss. Das bringt mir meine Hand nicht zurück, aber ich würde spüren, dass es so etwas wie Gerechtigkeit gibt."

Autor: Alexander Göbel

Redaktion: Christine Harjes