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Gemeinsame Beerdigung von Tier und Mensch in Deutschland

Peter Koppen, Oliver Glasenapp28. Oktober 2015

Das Haustier ist den Deutschen nicht nur teuer, sondern auch lieb – auch weit über den Tod hinaus. Wem die Erinnerung nicht reicht, der kann sich jetzt gemeinsam mit seinem kleinen Liebling beerdigen lassen.

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FOED Deutschland Haustiere Bestattung
Bild: DW

Für Marlies Tepaß war es Liebe auf den ersten Blick. Die Essenerin holte sich ihren Hund aus Spanien nach Deutschland. Der Terrier-Mischling Mutley wartete dort in einer Tötungsstation auf sein Ende. Knapp sechs Jahre ist das jetzt her. Nun möchte sie, dass Mutley neben und mit ihr beerdigt wird. „Er war immer bei mir, das soll dann auch im Tod so sein“, sagt Tepaß. Schließlich sei ihr Hund ja auch ein Familienmitglied.

Tierliebe über den Tod hinaus

Seit Juni diesen Jahres ist die Bestattung von Mensch und Tier in einem gemeinsamen Grab möglich. Vorher wurden Tiere entweder auf Tierfriedhöfen beerdigt - oder im eigenen Garten. Wer dem toten Liebling noch näher sein will, stellt die Asche in einer Urne auf dem Kaminsims auf oder lässt sich aus der Tierasche einen Diamanten pressen. Dann kann Frauchen Waldi als Ring am Finger tragen.
Den Weg für eine Bestattung Seite an Seite mit dem Besitzer machte in diesem Jahr die Deutsche Friedhofsgesellschaft frei. Sie eröffnete zwei spezielle Friedhöfe in Essen und Braubach nahe Koblenz. „Zunächst erfolgen Überführung und Einäscherung streng getrennt nach Mensch und Tier“, erläutert Junior-Chefin Judith Könsgen das Verfahren. „Zusammenkommen dürfen beide dann wieder im Urnengrab. Wir reagieren damit auf die Bedürfnisse der Menschen, denen das Haustier oft der einzige Partner ist.“

Tierfriedhof
Bild: Frank Gazon

Bestattungskultur im Wandel

Dass die Bestattungskultur im Wandel ist, zeigen auch andere Friedhöfe in Deutschland. Für eingefleischte Fußballfans gibt es Gräber in Blickweite des Heimstadions: Dem Club treu bis in den Tod. Weinliebhaber lassen sich am Fuße eines Weinbergs beerdigen, andere wählen eine Seebestattung oder eine anonyme Bestattung im Friedwald - wahlweise in Urnen aus Maisstärke oder Baumstammholz. Bei der Tier-Mensch-Bestattung liegt die Urne mit der menschlichen Asche neben der Tier-Urne. Ob Hund, Katze, Pferd, Meerschweinchen, Kanarienvogel oder Schildkröte - jedes Tier kann so nach dem Tod bei Herrchen ruhen. Ein Geschäft mit riesigem Potential: mehr als 30 Millionen Haustiere leben derzeit in deutschen Haushalten.

Kirchen sind gespalten

Die Kirchen in Deutschland sind bei der Frage nach einem gemeinsamen Grab gespalten. Für den evangelischen Pfarrer Fritz Pahlke aus Essen sind Tiere wie Menschen Geschöpfe Gottes. „Beide werden in der Schöpfungsgeschichte, in der Bibel erwähnt, warum sollte man Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen nicht in einem Grab beisetzen?“. Für Pahlke ist dieser Wunsch auch Ausdruck der zunehmenden Vereinsamung vieler Menschen, denen gerade im Alter nur noch die enge Beziehung zu einem Tier bleibt. Diese gesellschaftliche Entwicklung beobachtet auch Monsigniore Guido Assmann vom Erzbistum Köln.

FOED Deutschland Haustiere Bestattung
Bild: DW

Er versteht den tiefen Wunsch einzelner Menschen, die auch über den Tod hinaus mit dem Tier verbunden bleiben wollen. „Das spiegelt aber nicht unsere Glaubensüberzeugung wider“, so der katholische Pfarrer. „Wenn wir am Grab beten und einen Menschen bestatten, dann drücken wir die Würde dieses Menschen auch über den Tod hinaus aus in unseren Gebeten. Wir tun uns schwer mit dem Gedanken, Tier und Mensch bei einer Bestattung gleichzusetzen.“

Tier-Urne als Grabbeigabe

Weniger Bedenken haben da die Schweizer. In der Region Basel gibt es sogar einen Tierfriedhof, auf dem auch Menschen ihre letzte Ruhe finden können – natürlich neben ihrem verstorbenen Tier. Friedrich der Große wollte neben seinen geliebten Windhunden beerdigt werden. Heute liegt der Preußenkönig und Tierliebhaber mit ihnen in der Gruft von Schloss Sanssouci.

Bildergalerie Berliner Friedhöfe
Bild: B. von Brauchitsch


Dass Mensch-Tier Bestattungen heute möglich sind, hängt auch mit einem rechtlichen Aspekt zusammen, so Pfarrer Pahlke. Die Urne mit der Tierasche wird als Grabbeigabe betrachtet. „Früher haben wir den Bergleuten eine Flasche Schnaps oder den Schal ihres Lieblingsvereins mit ins Grab gelegt. Warum also heute nicht die Urne mit dem Tierliebling?“. Dabei muss es nicht bei einem einzelnen Tier bleiben: Wer als Mensch mehrere Tier besaß und keines davon im Grab missen möchte, kann bei der Friedhofsverwaltung die Variante „Familiengrab“ wählen. Darin eingeschlossen sind die freie Auswahl des Grabplatzes, eine individuelle Grabgestaltung sowie Platz für bis zu 12 Urnen. Da findet mehr als nur Waldi seine letzte Ruhestätte neben Walter. Einziger Wermutstropfen: Es können Kosten bis zu € 6.000 auf den Tierhalter zukommen.

Marlies Tepaß steht zu ihrem Beschluss. „Mutley wäre es sicher auch recht, wenn er neben seinem Frauchen liegt. Eheleute werden ja auch nebeneinander begraben, warum also nicht auch das Haustier“.