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Leben in Bagdad

12. Dezember 2005

Angst vor der Gegenwart und Zukunftssorgen bestimmen das Leben im Irak. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz wird in Bagdad wieder Theater gespielt. So mancher sucht sich jedoch andere Mittel, um den Alltag zu verdrängen.

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Friedliches Naturschauspiel - doch das Militär ist allgegenwärtigBild: AP
Bildgalerie Alltag in Irak trauernde Frauen in Bagdad
Trauernde Frauen in BagdadBild: AP

"Der Tod ist wie das tägliche Frühstück: Wir müssen einfach das Beste daraus machen", sagt Abbas el-Khafaji, Chef des irakischen Nationalen Kindertheaters. Keine einfache Aufgabe: Bombenterror, Korruption und die miserablen Versorgungslage gehören zum Alltag für die Menschen zwischen Euphrat und Tigris. Sie sind desillusioniert: Bisher hat es die Politik nicht geschafft, ihren Wunsch nach "Sicherheit, Stabilität, Strom und Trinkwasser" zu erfüllen.

Den Kindern Hoffnung geben

Bildgalerie Alltag in Irak US Soldaten und Kinder
Do you speak Arabic?Bild: AP

Man sollte meinen, dass das Theater nicht unbedingt auf der Prioritätenliste oben an gestanden hätte. Trotzdem ist es inzwischen renoviert und die Theatermacher kommen wieder zusammen. Sie proben kurze Pantomimen für Kinder. "Kinder sind unsere Zukunft. Wir müssen ihnen noch etwas anderes bieten als Waffen, Krieg und Politik", fordert el-Khafaji. Schauspieler, Autoren und Intellektuelle versuchen, mit allen Mitteln die Theatertradition lebendig zu halten. Was noch fehlt, ist das erwachsene Publikum.

So ein Theater

Erstes Theaterstück in Bagdad uraufgeführt
13 Juni 2004: Erste Premiere im Nationaltheater nach KriegsendeBild: dpa - Bildfunk

Seit anderthalb Jahren wird das National-Theater wieder bespielt. Das Stück, mit dem das Haus in Bagdad am 13. Juni 2004 wiedereröffnet wurde, zeichnete eine groteske, aber wahre Parallele zu Saddams Leben: Es handelte von einem Mann, der sich 25 Jahre vor Saddams Schergen in einem Erdloch versteckt hielt, nur seine Mutter hielt ihn am Leben.

Unter Saddam Hussein ging es den Theatern gut: Sie erhielten großzügige finanzielle Unterstützung, wurden aber eng an der Kandare gehalten: Erlaubt waren lediglich Slapstick Comedy und patriotische Stücke über den Krieg gegen den Iran. Politisches Theater im eigentlichen Sinne gab es nicht. Heutzutage ist das Al-Rashid-Theater das Zuhause für gesellschaftskritische Theatermacher. Die meisten Menschen haben allerdings genug mit sich selber zu tun, um das tägliche Überleben zu sichern.

Innere Emigration

Schaffhirte in Bagdad
Dem Alltag den Rücken zuwendenBild: AP

Immer mehr und vor allem junge Leute suchen einen Ausweg aus dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Gewalt und Verzweiflung - sie nehmen Beruhigungsmittel. "Dutzende Leute kommen täglich vorbei und wollen ihre Pillen haben", berichtet ein Apotheker aus der Saddun Street in Bagdad. "Aber wir wissen, wer von ihnen bereits abhängig ist. Wir weigern uns, denen die Pillen zu verkaufen." Alternativ zu den Pillen greifen die Leute auch zum Alkohol oder schnüffeln Klebstoff.

"Es ist wie die Pest", sagt Adnan Fawzi, Assistent des Direktors des nationalen Programms zur Drogenbekämpfung. "Wir müssen sofort etwas dagegen tun, sonst läuft es aus dem Ruder". Eine öffentliche Aufklärungskampagne mit Postern, die vor dem Konsum von Drogen aller Art warnen, ist schon angelaufen. Zumindest in Bagdad. (arn)