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Harmlose Demos

Nadja Hagen26. Februar 2008

Es klang ziemlich verheißungsvoll: eine Demonstration gegen die Putin-Politik mitten in Moskau wurde angekündigt. Eigentlich genau das, worauf Journalisten warten in diesem bisher viel zu ruhigen russischen Wahlkampf.

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Bild: DW

Dimitri Medwedew ist Putins Wunschnachfolger und Putin ist der Wunschpräsident des russischen Volkes. Weil aber Putin laut Verfassung nicht noch mal kandidieren kann, wird Medwedew aller Wahrscheinlichkeit nach die Wahlen am 2. März für sich entscheiden. Denn das Volk ist mit Putins Entscheidungen immer zufrieden – laut den russischen Medien.

Aber es gibt noch eine andere Seite der Medaille. Und die erklingt an einer Metrostation unweit des Zentrums, nahe der Universität. Organisiert ist die Demo von der Bewegung "Anderes Russland", die aus verschiedenen oppositionellen Gruppierungen besteht.

Demonstration für ein Anderes Russland

An der Metrohaltestelle "Universität" haben sich um 19 Uhr ungefähr 20 Personen mit Plakaten und Spruchbändern versammelt. "Nieder mit Putin" steht dort unter anderem und das ist auch der Hauptsprechchor, den man hören kann. Allerdings nicht sehr laut und auch schlecht verständlich. Den meisten Passanten ist die "Demonstration" nicht mehr als einen Blick wert. Das kann Desinteresse sein, aber auch dem Regen angelastet werden, der scheinbar jegliches politisches Interesse der Moskauer endgültig ertränkt.

Ein paar Meter neben den Demonstranten stehen zwei Milizionäre und langweilen sich augenscheinlich. Wahrscheinlich wären sie lieber mit ihren Kollegen unterwegs, die das Fußballspiel von "Spartak", Moskaus beliebtestem Fußballclub, absichern. Stattdessen beobachten sie missmutig den einzelnen Kameramann, der ein paar Bilder dreht.

Enthusiasmus versprühen einzig die beiden jungen Männer, die Zeitungen des "Anderen Russlands" verteilen.

Sogar die Miliz ist gelangweilt

Und natürlich sind die Demonstranten enthusiastisch. Man kann zwar nicht von ansteckender Begeisterung reden, aber das Wort Verbissenheit trifft es ziemlich gut.

Und einen gewissen Biss muss man schon haben, um in Russland als Demonstrant überleben zu können. So wurde in Moskau Anfang des Jahres eine ergänzende Rechtsverordnung festgelegt zu dem im letzten Frühjahr verabschiedeten Demonstrationsgesetz. Dadurch ist alles viel unbürokratischer geworden – für den Staat. Der Antrag für eine Demonstration kann viel schneller abgelehnt werden und aus noch viel lapidareren Gründen als zuvor. So reicht jetzt schon der Verdacht auf ein "nichtgesetzestreues" Ziel der Veranstaltung und diese darf nicht stattfinden.

"Nichteinverstandene" gefährden Ruhe und Ordnung?

Mit solch fadenscheinigen Begründungen wurde auch der "Marsch der Nichteinverstanden" in Petersburg bereits verboten. Dieser war unter anderem durch "Anderes Russland" geplant wurden für den 3.März, also den Tag nach der Präsidentschaftswahl.

Möglicherweise fürchtet die Regierung, dass nach der Wahl doch mehr Menschen auf die Straßen gehen, was dann "Ruhe und Ordnung" gefährden könnte. Die Demo an der Moskauer Metrostation war in dieser Hinsicht jedenfalls definitiv ungefährlich. Und vielleicht auch gerade deswegen nicht verboten. Schließlich kommt es der Regierung nur entgegen, wenn sich die Opposition selber in ein Licht rückt, dass Sympathisanten nicht unbedingt anzieht.