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Jeanne-Claude ist tot

20. November 2009

Die Verpackungskünstlerin Jeanne-Claude, Ehefrau von Christo, ist gestorben. Durch spektakuläre Verhüllungsaktionen wurden die beiden weltberühmt. Größtes Projekt in Deutschland: Die Verpackung des Berliner Reichstags.

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Die Künstlerin Jeanne-Claude (Foto: dpa)
Die Künstlerin Jeanne-ClaudeBild: Picture-alliance/dpa

Die Verhüllungskünstlerin Jeanne-Claude starb im Alter von 74 Jahren in einem New Yorker Krankenhaus an einer Hirnblutung. In einer Erklärung der Familie heißt es, Christo sei tieftraurig über den Tod seiner Frau, aber zugleich "entschlossen, das Versprechen zu halten, das sich beide vor vielen Jahren gegeben haben: die Kunst von Christo und Jeanne-Claude fortzusetzen."

Jeanne-Claude wurde am 13. Juni 1935 in Casablanca in Marokko geboren, ihr Mann Christo am selben Tag in Bulgarien. Das Paar lernte sich 1958 in Paris kennen, 1960 wurde Sohn Cyril geboren, 1964 wanderte die Familie in die USA aus.

Beruflich wie privat waren die beiden seit fünf Jahrzehnten unzertrennlich. Und bis auf drei Dinge machten sie alles zusammen, wie es einmal auf ihrer Homepage hieß: Demnach saßen sie nie im selben Flugzeug, die Zeichnungen stammten allein von Christo, und mit dem gemeinsamen Steuerberater sprach nur Jeanne-Claude. Im Frühjahr dieses Jahres sagte Christo der Zeitschrift "Bunte", er schätze an seiner Frau besonders, "dass wir pausenlos miteinander diskutieren können. Wir schreien uns an, wir streiten."

Projekte wurden immer spektakulärer

'Die Tore' im New Yorker Central Park (Foto: AP)
"Die Tore" im New Yorker Central ParkBild: AP

Die erste gemeinsame Kunstaktion von Jeanne-Claude und Christo waren 1961 gestapelte Ölfässer und Verhüllungen im Kölner Rhein-Hafen. Mit der Zeit erschlossen sich die Künstler immer größere Dimensionen für ihre Projekte. In Australien verhüllten sie 1969 einen Teil der Felsenküste unter rund 900.000 Quadratmetern Plastikfolie. Drei Jahre später hängten sie im US-Staat Colorado einen Talausschnitt mit einem 380 Meter breiten Nylon-Vorhang zu.

1983 umsäumte das Paar elf Kleinstinseln in der Biscayne-Bucht vor der Küste von Miami mit rosa irisierenden Plastikhüllen und verwandelte die vom Zivilisationsmüll verdreckten Inseln für zwei Wochen in "Seerosen". Für ihr Projekt "Die Tore" errichteten die Künstler 2005 im New Yorker Central Park einen 37 Kilometer langen wogenden Fluss aus orangefarbenen Stoffbahnen. Die Installation lockte mehr als fünf Millionen Besucher an.

Eines der größten Kunstprojekte des 20. Jahrhunderts

Der 'verpackte' Reichstag in Berlin (Foto: picture alliance/Helga Lade)
Der "verpackte" Reichstag in BerlinBild: picture-alliance / Helga Lade

Nach jahrelangem Streit wurde für Christo und Jeanne-Claude am 24. Juni 1995 ein Traum wahr: Vor zehntausenden Zuschauern präsentierte das Künstlerehepaar den verhüllten Berliner Reichstag. Das mit 100.000 Quadratmetern glitzernder Folie eingepackte Gebäude lockte in den nächsten zwei Wochen rund fünf Millionen Besucher aus aller Welt auf das Gelände zwischen Spree und Brandenburger Tor.

Die "New York Times" nannte die Verhüllung ein "politisches Happening" - immerhin hatte der Deutsche Bundestag lange über das Kunstwerk debattiert und sich schließlich in einer Kampfabstimmung dafür entschieden. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) weigerte sich als hartnäckiger Gegner des "eingepackten" Reichstages, die Aktion auch nur aus der Nähe anzuschauen.

Mit der Verhüllung des historischen Gebäudes in die fließenden Stoffbahnen wollten Christo und Jeanne-Claude die "einzigartige Qualität des Vergänglichen" feiern. Als der Reichstag wieder enthüllt wurde, blieben von alledem nur die Erinnerungen: Zeichnungen, Collagen, Postkarten und Modelle, mit denen die Künstler ihr ausschließlich privatfinanziertes Projekt bezahlten.

Alle Projekte aus eigener Tasche bezahlt

Christo und Jeanne-Claude Hand in Hand (Foto: AP)
Das Künstlerpaar bei einem Besuch in Denver im Jahr 2008Bild: AP

Das gehörte zum Prinzip des Künstlerpaares: Trotz des enormen organisatorischen und finanziellen Aufwands bezahlten die beiden ihre Projekte ausschließlich aus eigener Tasche. Private Sponsoren lehnten sie ebenso ab wie öffentliche Zuschüsse oder Stiftungsgelder, sondern finanzierten sich über den Verkauf von Arbeitsskizzen und Collagen, Modellen, frühen Werken aus den 50er und 60er Jahren und Originallithographien von anderen Projekten. Fotos von den vollendeten Werken darf nur ihr Exklusiv-Fotograf, der Deutsche Wolfgang Volz, vertreiben.

Autor: Ulrike Quast (dpa,ap)

Redaktion: Anna Kuhn-Osius