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"Kölle alaaf" und "Bützje"

15. November 2001

"Dreifach Kölle alaaf": Im Karneval wird Kölsch gesprochen. Und wer noch kein Kölsch spricht, kann's lernen.

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Karneval, Kölsch und der Dom gehören zusammenBild: DW

Der Karneval hat viele Stimmen, aber vor allem eine Mundart. Zu keiner anderen Zeit ist so viel Kölsch zu hören wie in der närrischen Saison. "Kölle alaaf", klingt es aus tausend Kehlen. Und ungefragt gibt es jede Menge "Bützjer" (Küsschen). Schon der erste Bundeskanzler, der Kölner Konrad Adenauer (1876-1967), gab seinem Chauffeur in schönstem "Hochdeutsch mit Knubbele" (Hochdeutsch mit kölschen Einsprengseln) die Order: "Und schön Jas jeben." Kardinal Joachim Meisner erntete tosenden Beifall, als er eine Predigt mit den Worten "Dreifach Kölle alaaf" eröffnete.

"Karneval und Kölsch, das gehört für mich absolut zusammen", sagt der Theatermacher Peter Millowitsch. Der 52-Jährige muss es wissen. Er ist der Sohn des "Kölner Urgesteins" Willy Millowitsch (1909-1999). "In der Mundart drückt sich die Mentalität aus", sagt Peter Millowitsch. "Und die der Kölner ist sehr easy going."

Der Dialekt stößt auf viel Akzeptanz

"Kölsch hat eine besondere Lizenz", meint Georg Cornelissen, Sprachwissenschaftler am Amt für rheinische Landeskunde des Landschaftsverbandes Rheinland. "Es ist ein Dialekt, der auf sehr viel Akzeptanz stößt. Es gibt andere deutsche Dialekte, bei denen wenden sich relativ viele Menschen ab." Die Einstellung zu Sprachen sei niemals zu trennen von der Einstellung zu Menschen. "In Berlin wird ja niemand viel kölsche Literatur lesen, aber BAP und andere Gruppen hören. Viele Kölsch-Gruppen sind auch wieder stark im Karneval vertreten."

Die "Immis" können Kölsch lernen

Regen Zulauf verzeichnet die "Akademie för uns kölsche Sproch", die 1983 in der Domstadt ins Leben gerufen wurde. "Wir haben sehr viele Schüler", sagt Alice Tiling-Herrwegen. Pro Halbjahr würden sechs bis acht Kurse mit je 25 Teilnehmern angeboten. Es kämen sowohl Kölner, die dazulernen wollten, als auch "Immis", Zugereiste oder "imitierte Kölner". Sie können das Kölsch-Examen absolvieren und das Kölsch-Diplom erwerben. "Die Leute gehen mit Eifer an die Sache, auch immer mal wieder Karnevalisten." Zwar seien die Abschlüsse kaum zu verwerten, doch durchaus ernst gemeint. "Es ist nicht wie das Jodel-Diplom bei Loriot."

Experten wissen: "Der Kölner nimmt auch ernste Dinge mit Humor. So gestelzte, hochgestellte Sachen, dafür hat er keinen Sinn." Kölsch sei der Ausdruck für eine positive Lebenshaltung. Willi Nettesheim, nach Mitteilung der Stadt Köln einer der besten Kölsch-Sprecher, ist sichtlich stolz auf die heimische Mundart. "Kölsche Sprache, kölsche Tön', find ich ja wunderschön", singt er. Die Volkshochschule hat einen Erzähl- und Liederabend auf Kölsch organisiert.

Stroß und Leverwurst

Vor Nettesheim sitzen in lockerem Halbrund etwa 20 Gäste, zumeist ältere Damen, die schunkeln und mitsingen. Zur Einführung erläutert der Kenner: Statt "a" sagt der Kölner "o", also Stroß' und nicht Straße. Statt "b" heißt es "v", nicht Leberwurst sondern Leverwurst. Aus "g" wird wie bei Adenauer "j", und der häufig gebrauchte Ausspruch "Du bist ja jeck" ist nicht automatisch eine Beleidigung, kann vielmehr je nach Tonfall auch liebevoll gemeint sein. Neukölsch sei "Muckibud'" für Fitness-Studio oder "Komposti" für ältere Menschen.

Wie sag ich es dem Handwerker

Ein "ultimativer Reiseführer durch das rheinische Universum" soll das neue Buch des Kabarettisten Konrad Beikircher "Et kütt wie't kütt - Das rheinische Grundgesetz" sein. Darin gibt der 55-Jährige Autor "Überlebenshilfe für die Menschen von draußen" - etwa zum Thema Pünktlichkeit. Wenn ein Kölner Handwerker "jetzt" kommen soll, so erscheine er allerfrühestens am nächsten Morgen. "Sofort" bedeute in ein paar Wochen, "gleich" heiße quasi nie. Nur das Wort "direkt", so Beikircher, bedeutet: jetzt sofort. (pg)