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Kuriose Königinnen

Kristina Reymann-Schneider19. August 2016

Deutschland ist schon lange keine Monarchie mehr, aber die Deutschen lieben Königinnen. Neben der Schönheitskönigin regieren hierzulande noch zahlreiche weitere Majestäten: von der Bier- bis zur Weißwurstkönigin.

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Deutschland Studentin Marlene Speck Wahl zur neuen Bayerischen Bierkönigin
Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Deutschland liebt seine Majestäten und widmet ihnen sogar alle drei Jahre einen eigenen Königinnentag. Dabei sind Deutschlands Königinnen vor allem eins: Marketinginstrumente für ein Produkt und eine Region. Das sagt einer, der es wissen muss: Matthias Roeper, Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft Deutsche KönigInnen". In dem Verein sind mehr als 130 deutsche Königinnen organisiert. "Die erste produktbezogene Königin war 1931 die Pfälzer Weinkönigin", sagte Roeper der DW. "Die war, weil sie damals die einzige war, gleichzeitig auch die Deutsche Weinkönigin."

Erst Ende der 1940er Jahre sind weitere regionale Weinköniginnen hinzugekommen. Anfang der 1950er wurden die ersten Heideköniginnen gewählt. Ein Königinnen-Boom setzte aber erst etwa ein Jahrzehnt später ein. Vertreter von Städten und Gemeinden, aber auch Produktverbände hatten erkannt, dass eine Produktkönigin eine kostengünstige Möglichkeit ist, ihr Dorf, ihre Stadt und ihre Produkte bei Touristen und Verbrauchern bekannt zu machen. Sie üben ihr Amt nämlich ehrenamtlich aus. Gewählt werden sie in der Regel für ein Jahr.

Königinnen gibt's nur auf dem Land

Der Marketingansatz, mit jungen Frauen als Produktköniginnen zu werben, sei ein ländlich-regionales Phänomen, erläutert Roeper. "Das finden Sie nicht in einer größeren Stadt." So erklärt sich, dass die große Mehrheit der Königinnen mit Essen und Trinken, mit Ernte und Landwirtschaft zu tun hat. "Es sind zu 90 Prozent landwirtschaftliche Königinnen. Das geht vom Apfel bis zur Zwiebel, und mittendrin ist der Wein, der Hopfen, die Kirsche, das Bier." Während ihrer Regenschaft reist die Königin durch die Bundesrepublik, besucht Volksfeste, schüttelt Ministern die Hände und preist auf Messen ihr Produkt an.

"Tradition ist ganz wichtig"

Die meisten Königinnen haben nur ein regionales Herrschaftsgebiet. Königinnen, die für das gesamte Bundesgebiet zuständig sind, wie etwa die Deutsche Weinkönigin, sind selten. Das sei auch so gewollt, erklärt Roeper. Denn jede Region sei einzigartig, und jedes Produkt sei einzigartig. Jede Region solle ihre Identität bewahren - und eine eigene Königin stellen, die eng mit ihrer Heimat verbunden ist. Letzteres ist übrigens die wichtigste Voraussetzung, die eine Bewerberin mitbringen muss. Wer Königin werden will, müsse in der Region verwurzelt sein. "Sie muss sich mit dem was sie tut, mit dem Ort, mit dem Produkt, mit der Region absolut identifizieren", so Roeper. Außerdem sollte sie redegewandt, schlagfertig und sympathisch sein. Modelmaße sind dagegen kein Kriterium. "Wir wählen keine Schönheitskönigin", betont der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutsche KönigInnen. "Es gibt keine Wahl, bei der die Mädchen in Bikini und Badeanzügen durch die Gegend stolzieren müssen. Damit haben wir nichts zu tun."

So wichtig wie der Bundespräsident

In Orten, in denen es eine lange Königinnen-Tradition gibt, sei es auch heutzutage nicht schwierig, Jahr für Jahr eine neue Königin zu finden, meint Roeper. In ihrer Gemeinde zählten die Königinnen zu den wichtigen Personen des öffentlichen Lebens. In ihrer Heimat habe die Königin einen Status wie der deutsche Bundespräsident: "Sie ist praktisch das Staatsoberhaupt."