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Kurdische Anti-IS-Offensive in Sindschar

12. November 2015

Vor einem Jahr eroberte die Terrormiliz IS die Sindschar-Region im Nordirak. Zehntausende Jesiden wurden vertrieben. Jetzt wollen die Kurden das Gebiet mit vereinten Kräften zurückerobern. Sie melden erste Erfolge.

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Bewaffnete Jesiden-Kämpfer bewachen im Dezember 2014 eine Gebetsstätte in Sindschar (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Jalal

Unterstützt von Kampfflugzeugen der internationalen Koalition haben etwa 7.500 Peschmerga-Kämpfer im Nordirak mit einem Drei-Fronten-Angriff auf die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) begonnen. Ziel sei die Befreiung der strategisch wichtigen Stadt Sindschar, teilte der Sicherheitsrat der kurdischen Autonomiegebiete mit. Demnach gelang es den kurdischen Kämpfern, eine wichtige IS-Nachschubroute nach Syrien zu kappen. Man habe mehrere nördlich gelegene Dörfer eingenommen, sagte General Haschem Seetaji der Nachrichtenagentur AFP.

Flugzeuge der US-geführten Koalition flogen nach Angaben des Pentagon intensive Luftangriffe auf Stellungen des IS. Im Bezirk Sindschar wurden sechs Ziele beschossen, auf der anderen Seite der Grenze, in der syrischen Region al-Hol, fünf weitere. Sindschar liegt rund 50 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt.

Viele Sprengfallen

TV-Bilder zeigten Rauchsäulen über Sindschar. Die kurdische Nachrichtenseite Rudaw berichtete von Straßenkämpfen in der Stadt. Auch Kämpfer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK seien im Einsatz, meldete die Nachrichtenagentur Fira. Die Extremisten setzen nach eigenen Angaben Selbstmordattentäter ein. In einer über das Internet verbreiteten Stellungnahme erklärten sie, Dutzende kurdische Angreifer seien getötet oder verletzt worden. Nach kurdischen Angaben verteidigen rund 600 IS-Kämpfer Sindschar. Ein US-Geheimdienstoffizier, Chance McCraw, schätzte die Zahl der IS-Kämpfer dagegen nur auf 300 bis 400. Es befänden sich aber zahlreiche Sprengfallen in der Stadt, fügte er hinzu.

Sindschar ist strategisch von großer Bedeutung, weil die Stadt an der wichtigsten Verbindungsstraße zwischen den beiden IS-Hochburgen Al-Rakka in Syrien und Mossul im Irak liegt. Über diese Strecke transportieren die Extremisten Kämpfer und Nachschub. Sindschar gehört zudem zu den Gebieten, über deren Hoheit sich die kurdische Autonomieregierung im Nordirak und die Zentralregierung in Bagdad seit Jahren streiten. Als Hochburg der religiösen Minderheit der Jesiden hat die Stadt auch eine große symbolische Bedeutung. Die Stadt hatte früher rund 400.000 Einwohner.

Jesiden-Minderheit vertrieben

Im Zuge ihrer Blitz-Offensive hatten IS-Einheiten die Sindschar-Region im August 2014 überrannt. Zehntausende flohen in das Sindschar-Gebirge nördlich der Stadt. Das Gebiet wird überwiegend von der religiösen Minderheit der Jesiden bewohnt, die der IS als "Teufelsanbeter" verfolgt. Nicht zuletzt die Furcht vor einem drohenden Völkermord an den Jesiden führte dazu, dass die USA 2014 mit Luftangriffen gegen den IS in den Konflikt eingriffen. Bis heute sind Hunderte Frauen als Sklavinnen in den Händen der Extremisten.

Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer sind der wichtigste Verbündete des Westens im Irak. Deutschland und andere Ländern unterstützen die Kurden mit Waffen und durch Trainingsprogramme. Die irakischen Kurden stehen dem IS auf einer mehr als 1000 Kilometer langen Front gegenüber.

Der IS ist durch das Eingreifen Russlands in den Konflikt zuletzt auch in Syrien verstärkt unter Druck geraten. Die russische Luftwaffe attackierte dort Ende September erstmals Ziele. Die Sindschar-Offensive "lähmt den Feind", sagte der Sprecher der internationalen Koalition, US-Oberst Steve Warren. Die Islamistenmiliz müsse "nun sehr schwierige Entscheidungen treffen", welche Frontabschnitte sie verstärken wolle.

kle/uh (dpa, afp)