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Kurden: Votum über eigenen Staat

1. Juli 2014

Inmitten des blutigen Konflikts mit den ISIS-Terroristen in großen Teilen des Iraks kündigen die Kurden ein Referendum über einen eigenen Staat an. In Bagdad kam erstmals das neu gewählte Parlament zusammen.

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Kurden-Präsident Barsani (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ein eigener Staat sei ein "natürliches Recht" der Kurden, sagte der Präsident der nordirakischen Kurden, Massud Barsani, (Artikelbild), dem britischen Sender BBC. Der Irak sei schon jetzt geteilt. Er könne noch kein Datum für das Referendum über die staatliche Unabhängigkeit festlegen, aber es sei nur "eine Frage von Monaten", erklärte Barsani weiter. Die Kurden wollten aber bei einer politischen Lösung der Krise im Irak weiter eine Rolle spielen.

Bereits große Autonomie

Die irakischen Kurden genießen in ihrer Autonomieregion im Norden des Landes bereits große Eigenständigkeit. Sie wählen ihr eigenes Parlament und haben eine eigene politische Führung. Mit den Peschmerga verfügen die Kurden zudem über eine gut ausgerüstete und kampfstarke Truppe.

Kämpfer der Peschmerga (Foto: AFP/Getty Images)
Kämpfer der PeschmergaBild: AFP/Getty Images

Die sunnitische Terrorgruppe ISIS hat bei ihrem Vormarsch im Irak größere Kämpfe mit den Peschmerga vermieden. Diese nutzten die Gunst der Stunde und besetzten im Juni die nordirakische Stadt Kirkuk. Sie gehört nicht zu den kurdischen Autonomiegebieten, wird aber von den Kurden beansprucht. Die multiethnische Stadt, 250 Kilometer nördlich von Bagdad, ist strategisch wichtig, weil dort große Ölvorkommen liegen.

Chaotische Sitzung

In Bagdad kam unterdessen das im April gewählte irakische Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Die Abgeordneten konnten sich nicht auf die von der Verfassung vorgeschriebene Wahl eines Parlamentsvorsitzenden einigen und vertagten sich auf die nächste Woche. Die Sitzung endete im Chaos. Abgeordnete beschimpften sich gegenseitig und drohten einander.

Religionszugehörigkeit und Bevölkerungsanteile im Irak (DW-Grafik: Per Sander/Peter Steinmetz)
Religionszugehörigkeit und Bevölkerungsanteile im Irak

Bei der Wahl war die Partei von Ministerpräsident Nuri Al-Maliki, einem Schiiten, stärkste Kraft geworden. Sie ist zur Regierungsbildung aber auf Koalitionspartner angewiesen. Oppositionelle schiitische, sunnitische und kurdische Politiker fordern den Rückzug al-Malikis. Sie werfen ihm vor, seine Regierung diskriminiere die sunnitische Minderheit und habe so den Boden für den ISIS-Vormarsch bereitet. Der seit 200 regierende al-Maliki will aber weiter im Amt bleiben.

Viele tote Zivilisten

Seit Beginn der Offensive der ISIS-Terroristen im Juni sind im Irak nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 2661 Menschen getötet worden. Dabei handele es sich um 1.775 Zivilisten sowie 886 Soldaten und Polizisten, teilte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf mit. Zudem seien mehr als 2.350 Zivilisten verletzt worden. Die hohe Zahl ziviler Opfer zeige, dass der Schutz von Zivilisten dringend sichergestellt werden müsse, ergänzte der Irak-Sondergesandte der UN, Nickolay Mladenov.

Über die Zahl der Toten und Verletzten auf Seiten von ISIS machte das Hochkommissariat keine Angaben. Die sunnitischen Extremisten haben in den vergangenen Wochen weite Teile des Irak erobert, darunter die Millionenstadt Mossul.

Jetzt hat Terrorgruppe ein "islamisches Kalifat" in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und im benachbarten Syrien ausgerufen. Dort kämpft ISIS gegen die Truppen von Präsident Baschar al-Assad, aber auch gegen andere Rebellengruppen. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London teilte mit, ISIS habe nach tagelangen Gefechten mit anderen Regimegegnern den strategisch wichtigen Ort Abu Kamal an der Grenze zum Irak eingenommen.

wl/uh (dpa, afp, rtr)