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Kubas Suche nach Öl

Andreas Knobloch Havanna
26. September 2016

Venezuelas Lieferengpässe lassen Kuba nach Alternativen suchen. Russland oder Algerien könnten einspringen. Auch die eigene Produktion soll gesteigert werden. Dazu braucht es Investoren. Andreas Knobloch aus Havanna.

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Kuba Symbolbild Wirtschaft
Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Reyes

Venezuela steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Und damit hat auch Kuba ein Problem. Vor allem die Reduzierung der Öllieferungen macht der Karibikinsel zu schaffen. Erst kürzlich hatte Kubas Präsident Raúl Castro die Bevölkerung auf schwierige Zeiten eingestimmt. Die Regierung müsse Ausgaben kürzen und Energie sparen.

Für Aufsehen sorgte daher die von einigen Medien Ende Juli verbreitete Meldung, das australische Unternehmen MEO habe in der Zone Motembo im Norden der Provinz Santa Clara riesige Ölvorkommen entdeckt. Von 8,2 Milliarden Barrel war die Rede. Die Nachricht weckte natürlich große Erwartungen - auf Kuba selbst, aber auch außerhalb.

Von kubanischer Seite gab es weder eine Bestätigung, noch wurde die Meldung dementiert. Ende vergangener Woche nun bezeichnete der stellvertretende Direktor der staatlichen kubanischen Ölgesellschaft Cupet (CubaPetróleo), Roberto Suárez Sotolongo, gegenüber der Presse in Havanna die mutmaßlich entdeckten Ölvorkommen eine "Fehlinterpretation". In der Pressemitteilung des Unternehmens sei nie von einem "bestätigten Fund oder Entdeckung" die Rede gewesen.

Die Meldung soll sich vielmehr auf die Identifizierung von potentiellen Ölmengen bezogen haben, die mit zukünftigen Förderprojekten gewonnen werden könnten. MEO, das seit September 2015 einen Vertrag mit Cupet hat, führe derzeit geologische Studien durch. Es sei also noch zu früh, um sichere Angaben zu möglichen Vorkommen zu machen, so Suárez.

Ölraffinerie in Kuba
Ölraffinerie in Cienfuegos / KubaBild: picture-alliance/dpa/A. Ernesto

Abhängig von Venezuela

Kuba muss vorerst also weiterhin zusehen, wie es seinen Energiebedarf stillt. Rund 45.000 Barrel Öl und drei Millionen Kubikmeter Gas fördert das Land täglich. Diese Menge deckt aber nur 48 Prozent des kubanischen Energiebedarfs; der Rest muss importiert werden - bisher vor allem aus Venezuela.

Experten schätzen, dass Caracas aber zuletzt nur noch 53.500 Barrel Rohöl pro Tag nach Kuba lieferte - das wären 40 Prozent weniger als noch in der ersten Jahreshälfte 2015. Raffinierte Ölprodukte mit eingerechnet beträgt der Rückgang laut Zahlen der Nachrichtenagentur Reuters noch immer rund 20 Prozent. In der Vergangenheit hatte Kuba einen Teil des aus Venezuela erhaltenen Öls selbst verbraucht und den Rest mutmaßlich weiterverkauft. Diese zusätzlichen Einnahmen schrumpfen nun ebenfalls.

Das in Kuba selbst geförderte Erdöl wird fast ausschließlich in dem Küstenstreifen zwischen Havanna und Varadero gewonnen, wie der für die Förderung zuständige Chef von Cupet, Osvaldo López Corzo, erklärte. Seit über 40 Jahren wird dieses Gebiet ausgebeutet. Und auch die neuen Förderprojekte in den kommenden fünf Jahren konzentrieren sich auf diesen Abschnitt. Die Ölförderung werde aktuell allerdings immer unrentabler, was vor allem mit dem Verfall des Ölpreises zusammenhänge Es müsse tiefer gebohrt werden, dies sei teurer und die neuen Bohrungen oft weniger ergiebig, so López. "Und wenn wir die Auswirkungen des niedrigen Ölpreises auf dem Weltmarkt dazu nehmen, verschärft sich das Problem noch."

Wachsender Energiebedarf

Das selbst produzierte Öl geht derzeit zum Großteil in die Energiegewinnung. López erwartet, dass der Energiebedarf in den kommenden Jahren weiter steigt. Gründe sind zunehmende ausländische Investitionen im Land, steigende Touristenzahlen, der Ausbau des privatwirtschaftlichen Sektors, mehr elektrische Haushaltsgeräte und Klimaveränderungen. Es wird immer heißer und damit sind mehr Klimaanlagen und Ventilatoren in Betrieb.

Geologische Untersuchungen zeigen, dass in kubanischem Boden mehr Erdöl vorhanden ist. Kubas Ölindustrie arbeitet daher an diversen Förderprojekten. Für die nicht-konventionelle Förderung und die Förderung der vor der Küste Kubas vermuteten Vorkommen aber würden ausländisches Kapital und Technologie benötigt, unterstrich López. "Es handelt sich um Aktionen, die Kuba nicht allein in Angriff nehmen kann, denn sie benötigen viele Ressourcen." Der Verfall des Ölpreises auf dem Weltmarkt lockt aber zurzeit keine Investoren an.

Langfristig Erneuerbare angestrebt

Auf dem Parteikongress im April hatte Kubas Kommunistische Partei (PCC) Energiesouveränität zum langfristigen strategischen Ziel erklärt. Neben der Steigerung der Öl- und Gasproduktion wird seit einigen Jahren der Ausbau Erneuerbarer Energien verfolgt. Kurzfristig aber gilt es, die Lieferengpässe aus Venezuelas aufzufangen.

Viel ist daher zuletzt über neue Öllieferanten Kubas spekuliert worden. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax hat Kubas Präsident Raúl Castro seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin in einem Schreiben um Hilfe gebeten. Dieser möge doch die Möglichkeit prüfen, Kuba konstant mit Öl zu beliefern. Bisher sind russische Öllieferungen nach Kuba kein nennenswerter Faktor: Im ersten Halbjahr 2016 lieferte Moskau gerade einmal 1.400 Tonnen Rohöl im Wert von 250.000 US-Dollar.

Anfang September war zu lesen, dass Algerien erstmals Öl nach Kuba liefern könnte. Demnach soll die staatliche algerische Ölgesellschaft Sonatrach im Oktober 515.000 Barrel Erdöl nach Kuba senden. Bestätigt wurde aber diese Meldung nie. Die Suche nach Öl dürfte also noch eine Weile weiter gehen.