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Krzysztof Matyjaszewski und seine wunderbare Kunststoffwelt

26. September 2009
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Krzysztof Matyjaszewski (Foto: privat)
Bild: Matyjaszewski

Eigentlich ist es ein Kinderspiel, einen aussichtsreichen Nobelpreiskandidaten zu bestimmen. Ach, was sage ich? Einen? Dutzende! Und genau da liegt das Problem: Es gibt einfach eine ganze Menge Forscherinnen und Forscher, die ihn verdient hätten. Aber höchstens drei von ihnen werden sich in diesem Jahr die Medaille um den Hals hängen können.

Welche Kriterien gibt es, an denen sich die Nobelpreiswürdigkeit eines Chemikers festmachen ließe? Ein Wissenschaftler sollte sein eigenes Fachgebiet so fundamental beeinflusst haben wie kein zweiter. Er sollte grundlegend Neues entdeckt haben und seine Kollegen inspiriert haben. Das lässt sich zumindest tendenziell daran fest machen, wie oft die Fachpublikationen eines Forschers von anderen zitiert worden sind. Jemand, der hier eine beeindruckende Bilanz aufweisen kann, ist Krzysztof Matyjaszewski von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Die Veröffentlichungen des gebürtigen Polen, wurden rund 14.000 mal zitiert. Zum Vergleich: Meine eigenen Arbeiten sind schätzungsweise fünfmal zitiert worden, plusminus.

Radikale Leidenschaft Kunststoffe

Er ist deshalb so erfolgreich, weil er eine Methode entwickelt hat, mit der Chemiker eine Vielzahl neuartiger Kunststoffe herstellen können. Und es kommt noch besser: Sie können die Plaste und Elaste regelrecht maßschneidern. Mit der altbekannten Plastikflasche oder Kunststofftüte hat das nicht mehr viel zu tun.

Suchen Sie etwa einen superelastischen Gummi? Kein Problem für Professor Matyjaszewski. Künstliche Muskeln für Roboter? Bioverträgliche Beschichtungen für Implantate? Professor Matyjaszewski hält immer ein Rezept griffbereit.

Wenn man den Chemiker raushängen lassen will, dann spricht man nicht von Kunststoffen, sondern von synthetischen Polymeren. Das sind Kettenmoleküle, deren Grundeinheiten sich aneinander reihen wie Perlen an einer Kette. Bei den alltäglichen Polymeren sind das immer Perlen einer einzigen Sorte. Das Auffädeln braucht meistens nur wenige Sekunden, manchmal nur Sekundenbruchteile. Denn eine sehr reaktive Spezies spielt dabei eine wichtige Rolle: Radikale. Chemisch gesehen gehören sie zu den leidenschaftlichsten Reaktionspartnern, die man sich vorstellen kann.

Architekt und Dompteur

Krzysztof Matyjaszewski hat gelernt, die Radikale zu zähmen. Nach jeder einzelnen Perle legt die Reaktion eine Pause ein. Dadurch lassen sich verschiedene Perlen auffädeln. Der Chemiker kontrolliert die Architektur der Kettenmoleküle und damit ihre Eigenschaften in einem noch nie gekannten Ausmaß. Lebende Polymerisation nennt sich das. Eine Formulierung, die sich übrigens auch in der Pressemitteilung der Nobelgesellschaft gut machen würde.

Autor: Arndt Reuning

Redaktion: Judith Hartl