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Kroes: "Cloud Computing fördert Wachstum"

Zulfikar Abbany2. Oktober 2012

Auf der Konferenz "Ein vernetztes Europa" geht es darum, die digitalen Netze in Europa zu verbessern. EU-Kommissarin Neelie Kroes über ihre Strategie für Cloud Computing.

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Neelie Kroes, EU Kommissarin für die Digitale Agenda (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Cloud Computing bedeutet, dass Nutzer ihre Dateien auf Server laden können und so immer an ihre Daten herankommen, egal ob sie gerade das Smartphone oder den Computer zu Hause nutzen. Warum ist Ihnen wichtig, dass Europa im Bereich des Cloud Computing an der Spitze der Entwicklung steht?

Neelie Kroes: In erster Linie geht es dabei um die Wirtschaft. Wir fördern damit Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Die wirtschaftlichen Vorteile sind bei europaweiten Maßnahmen viel größer. Wir sprechen von etwa 160 Milliarden Euro pro Jahr. Wir müssen also gemeinsam handeln, um das Beste herauszuholen.

Das klingt so, als ginge es Ihnen vor allem ums Geschäft.

Ja, aber daran ist nichts Falsches. Schon gar nicht, wenn es europäischen Bürgern pro Person 300 Euro im Jahr bringt.

Diese Strategie scheint aber eine Art Kluft zu festigen - eine Kluft zwischen den Betreibern dieser Dienste und den Verbrauchern, was digitale Rechte, Kontrolle und Zugang zu digitalem Eigentum angeht. Sie werden wahrscheinlich nicht in der Lage sein, diese Kluft zu schließen.

Es ist zwar noch nicht ausgereift, aber wir wollen versuchen den "Dschungel der technischen Normen" einheitlicher zu gestalten, damit Interoperabilität, Beweglichkeit und Umkehrbarkeit erreicht wird - denn das ist es, was die Cloud interessant macht. Und wenn die Menschen Angst habe, dass es nicht sicher genug ist, dann müssen wir als Kommission beweisen, dass es sicher ist und dass es fair ist.

Handy vor einem Cloud-Symbol (Foto: picture-alliance/dpa)
Je mehr Mobilgeräte wir benutzen, um so wichtiger werden CloudsBild: picture-alliance/dpa

Der Beweis, dass es tatsächlich sicher ist, muss aber erst noch erbracht werden.

Es ist sicher. Es ist sicherer, als wenn Sie die Daten nicht in der Cloud, sondern nur auf ihrem eigenen Rechner. Das Problem ist nicht so sehr die Sicherheit, sondern die Fairness. Denn in den meisten Fällen herrschen keine fairen Vertragsbedingungen und die Dienste sind untereinander nicht kompatibel.

Sie meinen, dass Verbraucher durch ihre Verträge eingegrenzt werden?

Ja.

Warum sagt die EU den Anbietern dann nicht: "Hier ist ein Mustervertrag, der ist Standard und nur den dürfen sie nutzen."

Nein, das wird nicht der Fall sein.

Warum nicht?

Wir wollen auch Wettbewerb. Es sollte faire Wettbewerbsbedingungen geben und sie sollten eindeutig und transparent sein. Ich muss als Nutzer wissen, worum es geht und was ich auswähle. Außerdem sollte es die Möglichkeit geben, den Dienst zu wechseln.

Finger auf großem Touchscreen (Foto: Reuters)
Cloud Computing ist nicht nur ein Service, sondern auch ein heiß umkämpfter Markt für EntwicklerBild: Reuters

Wenn Sie die Verträge in den Händen der Unternehmen lassen, dann kontrollieren diese selbst, was in der Cloud geschieht. Apple, zum Beispiel, behält sich das Recht vor, die digitalen Inhalte eines Benutzers zu scannen. Apple tut das angeblich, um Urheberrechtsverletzungen, Beleidigungen oder illegales Material aufzuspüren. Selbst die Polizei braucht in den meisten Ländern einen Haftbefehl, bevor sie eine Wohnung durchsuchen oder einen Computer beschlagnahmen kann. Warum werden solche Standards beim Cloud Computing nicht durchgesetzt?

Mehr Nachfrage bedeutet mehr reagierende Anbieter und darum geht es. Die Nutzer beurteilen dann, was ihnen angeboten wird. So funktioniert Marktwirtschaft und ich bin eine überzeugte Anhängerin davon. Das Ganze muss aber transparent sein.

Ich frage mich, ob sich Eigentum verändern wird. In Zukunft werde ich vielleicht ein Buch kaufen, es aber nur auf dem Computer haben. Ich werde es nie in den Händen halten und kann es auch nicht meinen Freunden oder meiner Familie zum Lesen geben. Unternehmen werden immer versuchen, digitale Inhalte zu kontrollieren, zum Beispiel aus Gründen des Urheberrechts.

Wir brauchen dringend eine Überprüfung der Urheberrechte - aber das ist nichts Neues. Wenn wir aber über das Speichern in der Cloud sprechen, dann kann jeder selbst entscheiden, ob er lieber ein gedrucktes Buch kauft. Solange man die Wahl hat, ist das doch absolut nicht schlimm. Es macht einfach sehr viel Sinn. Menschen können Dinge aus ihrer Cloud überall benutzen. Mein Schließfach in der Cloud ist meins. Ich habe den Schlüssel und ich kann ihn für jedes Gerät benutzen. Das ist ein großer Schritt in die Zukunft.

Messestand mit Mobilgeräten auf einer Wolke (Foto: Reuters)
Die Clouds sollen untereinander kompatibel werdenBild: Reuters

Es gibt aber doch Grenzen: Wenn ich etwas für die Cloud kaufe, kann ich es nicht meiner Frau oder meinen Kindern geben. Ich kann nicht sagen: "Hier, lies dieses Buch", weil die Nutzung auf mein Gerät beschränkt ist.

Wenn Sie sagen: "Das ist ein großartiges Buch oder tolles Musikstück, oder was auch immer, und meine Frau sollte es haben", dann geben Sie ihr ihre eigene Cloud.

Aber dann könnte ich in die Situation kommen, dass ich es noch mal kaufen muss.

Ich bin ich mir absolut sicher, dass der Markt auch dieses Problem lösen wird und dass es die Möglichkeit geben wird, ein bisschen mehr zu zahlen, damit Ihre Frau eine Kopie benutzen kann.

Sie sehen beim Cloud Computing vor allem die wirtschaftlichen Vorteile für Unternehmen, aber diese sind oft unvereinbar mit den Verbraucherrechten.

Nein, dem stimme ich nicht zu. Es ist eine absolut positive Entwicklung für alle von uns, nicht nur für Unternehmen und nicht nur für die Verbraucher. Es ist ein großes Privileg, diese Art von Marktentwicklungsperspektiven zu haben.