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Kroatien: Parteien in den Startlöchern für den Wahlkampf

23. August 2007

Bis zu den Parlamentswahlen in Kroatien sind es zwar noch rund drei Monate, doch die politischen Parteien kündigen bereits an, wie sie Mitte September in den Wahlkampf gehen wollen. An Polemik fehlt es dabei nicht.

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Heißer Herbst vor Parlamentswahlen?Bild: picture-alliance/ dpa

Obwohl sich die kroatischen Politiker offiziell in die Sommerferien zurückgezogen haben, fehlt es nicht an großzügigen Versprechungen, die ganz offensichtlich die Wähler auf den bevorstehenden Wahlkampf einstimmen sollen. Jede Mutter soll nach der Geburt ihres Kindes ein Jahr lang volles Gehalt erhalten. Schüler sollen kostenlose Schulbücher und Betreuungsplätze und Staatsbedienstete Weihnachtsgeld bekommen. Die Rentenschulden sollen ausgezahlt, und die Renten erhöht werden. Dies sind nur einige der Ankündigungen, die vor allem die Regierung im Ferienmonat August in Umlauf gebracht hat.

Austausch von Polemiken

Gegen solche Pläne wäre nichts einzuwenden, wenn es nicht bis zum Ende der Legislaturperiode nur noch wenige Monate wären. "Das Problem besteht darin, dass diese Regierung in den vergangenen dreieinhalb Jahren nichts unternommen hat und sich nun ein paar Monate vor der Wahl auf einige Schritte konzentriert. Fraglich ist außerdem die Finanzierung dessen, was die Regierung verspricht", sagt Milanka Opacic, Mitglied der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (SDP).

Die Regierung regt sich unterdessen mehr über die Aussagen des SDP-Politikers Ivica Pancic auf, der in den letzten zwei Jahren rund zehn Affären aufgedeckt hat, in die die regierende Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) verwickelt sein soll – darunter Nepotismus bei der Einstellung von Beamten und zweifelhafte Geschäfte beim Straßenbau. "Die SDP versucht taktisch, die Minister zu kompromittieren. Sie tut das auf eine Weise, dass wirkliche oder scheinbare Affären oder Versäumnisse in der Arbeit der Ministerien so aufgebauscht werden, dass sie eigentlich darauf abzielen, die ganze Regierung als korrupt darzustellen", erklärt Parlamentspräsident Vladimir Seks.

Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition

Der jüngste Versuch, die Milchindustrie Karlovac an einen Unternehmer mit zweifelhafter Bonität zu verkaufen, gab unterdessen der SDP erneut Munition, die der Politiker Slavko Linic aufgriff: "Nach vier Jahren wissen viele, wie die kroatische Regierung funktioniert. Ich persönlich erwarte einen Auftritt Sanaders als Erlöser, weil er der einzige ist, der dieses schmutzige Spiel beenden kann." "Ausgerechnet die melden sich zu Wort. Erinnern wir uns daran, auf welch zweifelhafte Weise Linic das Hotel Excelsior in seinem Wahlkreis Rijeka und andere privatisiert haben. Darin ist er Großmeister. Es wäre gut, wenn er auch ein Lehrbuch über Privatisierung schreiben würde", erwiderte Sanader gleichermaßen ironisch.

Auch Zlatko Kramaric, Mitglied der an der Regierung beteiligten Sozialliberalen Partei (HSLS), versäumt keine Gelegenheit zu betonen, dass die SDP hinreichend Zeit gehabt habe, sich über die Regierungsführung zu äußern. Anlass dafür gab diesmal die Aussage des Chefs der Sozialdemokraten, Zoran Milanovic, dass die "fetten Pensionen" für Parlamentsabgeordnete hinterfragt werden müssten. Kramaric entgegnete, die SDP habe 1999 in ihrem Wahlkampf vor ihrem Wahlsieg versprochen, die Umstrukturierung und Privatisierung einer umfassenden Revision zu unterziehen. "Zunächst sind sie an die Regierung gekommen, dann haben sie die Wahlversprechen verworfen. Ich habe das Gefühl, dass auch die Geschichte über Diätenbegünstigungen für Abgeordnete ebenfalls zu den Dingen gehört, die die Bürger gerne hören."

Auch der Präsident mischt mit

Für Empörung sorgte Staatspräsident Stjepan Mesic in den Reihen der Kroatischen Rechtspartei (HSP). Er hatte in einem Radiointerview erklärt, dass diese Partei nicht in der künftigen Regierung mitwirken sollte. Auf die Frage, welches Ressort dem Parteivorsitzenden Anto Djapic zufallen könnte, falls die HSP doch mit der HDZ koaliere, sagte Mesic scherzhaft anspielend auf dessen unrechtmäßig erworbenen Magistertitel: "In Anbetracht seines Magisters denke ich das Wissenschaftsressort."

Der Vorsitzende der HSP, Djapic, meint unterdessen, der Staatspräsident solle niemanden darüber belehren, wer in die Regierung darf und wer nicht. Damit habe er die Grundlagen der demokratischen Ordnung erschüttert. "Heute sind wir Mesics Zielscheibe, morgen kann es jemand anderes sein. Unseres Erachtens sollte in der neuen Legislaturperiode über eine Verfassungsänderung und über die Rolle des Präsidenten der Republik nachgedacht werden bzw. dahingehend, dass der Präsident durch das kroatische Parlament gewählt wird", meint Djapic.

Tatjana Mautner, Osijek
DW-RADIO/Kroatisch, 16.8.2007, Fokus Ost-Südost