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Kritik an menschenverachtendem Verhalten in USA und Europa

18. Januar 2006

Human Rights Watch klagt Regierungen in den USA, in Europa und in Ländern im Mittleren und Fernen Osten an: Sie folterten Menschen, missachteten Freiheitsrechte und stellten Wirtschaftsinteressen über alles.

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Folter-Opfer im Irak (Archiv-Bild)Bild: dpa

In ihrem jährlichen Bericht zur Lage der Menschenrechte hat die Organisation Human Rights Watch schwere Vorwürfe gegen die US-Regierung von Präsident George W. Bush erhoben. Für das Weiße Haus sei es wohlüberlegte Strategie, Terrorverdächtige in Verhören zu foltern, heißt es in dem Bericht, der am Mittwoch (18.1.2006) in Washington vorgestellt wurde. Gegenteilige Beteuerungen von Regierungsmitarbeitern seien unglaubwürdig.

2005 wurde beunruhigend klar, dass Misshandlungen von Häftlingen ein bewusster, wichtiger Teil der Strategie zum Verhör von Terrorverdächtigen der Bush-Regierung geworden sind", schrieb Human Rights Watch. Die Menschenrechtler verweisen darauf, dass US-Justizminister Alberto Gonzales im Januar vor dem Senat erklärt habe, dass eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung von Häftlingen möglich sei, solange es sich bei ihnen nicht um Amerikaner handele und sie außerhalb der Vereinigten Staaten festgehalten würden. Beweise hätten gezeigt, dass Misshandlungen in Verhören eine bewusste Politik seien und nicht nur Vergehen einiger Soldaten.

"Andere Regierungen behandeln ihre Häftlinge ähnlich oder schlimmer, aber sie tun das im Verborgenen", hieß es in dem Bericht. "Die Bush-Regierung ist die einzige in der Welt, die sich dieses Recht offen nimmt, als offizielle Politik, und so tut, als wäre es legal."

Kritik an EU

Die Organisation kritisierte auch die Europäische Union, die in ihren auswärtigen Beziehungen die Menschenrechte häufig wirtschaftlichen Interessen unterordne. So hätten sich der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder, der britische Premierminister Tony Blair und der französische Staatspräsident Jacques Chirac offenbar einen Wettbewerb geliefert, wer die engsten Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin unterhalte.

Auf dem EU-Gipfel im Oktober hätten die Staats- und Regierungschefs der Union "eine peinlich positive Stellungnahme" zu Tschetschenien herausgegeben, die keine Hinweise auf die Gräueltaten der russischen Truppen in der Kaukasus-Republik enthalten habe, heißt es im Bericht von Human Rights Watch. Auch in den Beziehungen zu China hätten die Menschenrechte im vergangenen Jahr eine geringe Rolle gespielt. So hätten Deutschland und Frankreich auf eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China gedrungen, das nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens verhängt worden war. Human Rights Watch verwies darauf, dass die Verantwortlichen des Massakers noch immer nicht bestraft worden seien und China keine Informationen über die Zahl der Opfer herausgebe.

Auch zu Hause habe sich die Europäische Union bei der Behandlung von Flüchtlingen über Menschenrechtsstandards hinweggesetzt, erklärte die Organisation. Statt Asylanträge zu prüfen, hätten sich die Regierungen bemüht, die Verantwortung für die Flüchtlinge anderen Ländern zu übertragen, wie Libyen oder der Ukraine.

Lage im Irak verschlechtert

China attestierte Human Rights Watch Fortschritte bei den Menschenrechten. Allerdings sei das Land noch immer "ein Einparteienstaat, in dem es keine Parlamentswahl gibt und keine unabhängige Justiz, der weltweit die meisten Hinrichtungen ausführt, das Internet aggressiv zensiert, unabhängige Gewerkschaften verbietet und Minderheiten unterdrückt".

Die Menschenrechtssituation im Irak verschlechterte sich nach Einschätzung der Organisation im vergangenen Jahr erheblich. Verantwortlich seien sowohl Anschläge bewaffneter Aufständischer als auch die Antiterror-Einsätze der US-geführten internationalen Truppen im Land.

Ebenfalls kritisiert wurden in dem Bericht Saudi-Arabien, das trotz internationalen Drucks Reformen weiterhin ablehne, und Ägypten. Als einzigen Hoffnungsschimmer in Südasien bezeichnete die Organisation Indien, während die Entwicklung in Kambodscha, Thailand und Myanmar negativ verlaufen sei. (mas)