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Investitionen auf Eis gelegt

1. Februar 2011

Sorgen vor einer Ausweitung der Proteste in Ägypten treiben die Ölpreise in die Höhe. Deutsche Großunternehmen ziehen wegen der Unruhen immer mehr Mitarbeiter aus dem Land am Nil ab.

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Boot auf dem Niel mit Hochhäusern im Hintergrund (Foto: Ria Novosti)
Die Wirtschaft wächst - aber auch die Inflation und die ArbeitslosigkeitBild: RIA Novosti

Erst die "Jasmin-Revolution" in Tunesien, nun die Unruhen in Ägypten: Die angespannte Lage in der arabischen Welt treibt Investoren Sorgenfalten auf die Stirn und bremst die Kurse an den wichtigsten Märkten - trotz ermutigender Konjunktur- und Unternehmensdaten.

Die Menschen, die in Ägypten auf die Straße gehen, wollen nicht nur Demokratie und Freiheit. Sie wollen endlich teilhaben an einer Wirtschaft, die selbst im Krisenjahr 2009 um knapp fünf Prozent gewachsen ist. Seit 2004 öffnet sich Ägyptens Wirtschaft und seither wächst sie. In den Jahren unmittelbar vor der Wirtschaftskrise jährlich um sieben Prozent. Doch trotz erfolgreicher Wirtschaftsliberalisierung hätten vor allem junge Ägypter keine Jobs, sagt Volker Treier, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Es liege der Verdacht nahe, so Treier, dass Wirtschaftseliten begünstigt und breite Bevölkerungsschichten nicht mitgenommen worden seien. Zu wenig sei für die Bildung und Qualifizierung getan worden, so dass der Wirtschaft vor allem der Nachwuchs fehle.

Fehlende Bildung ist ein großes Problem

Demonstrierende in Alexandria (Foto: AP)
Vor allem jungen Leuten fehlt die PerspektiveBild: AP

Die Bevölkerung von derzeit 84 Millionen Menschen wächst nach Angaben der UN jährlich um rund zwei Prozent. 600.000 bis 700.000 drücken pro Jahr neu auf den Arbeitsmarkt. Die fehlende Bildung dieser Menschen ist für Treier auch verantwortlich für die hohe Inflation, die sich bei elf Prozent eingependelt hat. Ohne Bildung und ohne Qualifikation schaffe es Ägypten nicht, Fortschritte zu machen. Denn ein Land, das selbst wenig erwirtschafte, weil eben nicht genügend produziert werde, müsse gezwungenermaßen auf ausländische Produkte zurückgreifen. Und das führe zur Inflation, so der Chefvolkswirt.

Dies gilt vor allem in Zeiten, in denen die Preise für Lebensmittel stark steigen, wie das momentan der Fall ist. 14 Prozent der gesamten Importe Ägyptens sind Nahrungsmittel. Hohe Preise für Lebensmittel treffen aber vor allem die arme Bevölkerung, also diejenigen, die nur wenig verdienen oder überhaupt keinen Job haben.

Abwarten heißt die Devise

Bewaffneter Soldat vor der Cheops-Pyramide (Foto: AP)
Die Unruhen wirken sich negativ auf den Tourismus ausBild: Ap

"Um wirklich die Leute von der Straße zu bringen, bräuchte man ein Wachstum von mindestens sechs Prozent, das hat die OECD ausgerechnet", so Martin Kalhöfer, Nahostexperte von Germany Trade and Invest. In der jetzigen Krisensituation werde dies aber sehr schwer erreichbar sein. Kalhöfer will nicht ausschließen, dass sich die Unruhen negativ auf den Tourismus auswirken, auf die Passagen durch den Suezkanal oder auch auf die Überweisungen emigrierter Ägypter. Vor allem aber befürchtet er, dass wegen der Unruhen Direktinvestitionen aus dem Ausland ausbleiben könnten. Und Kalhöfers Befürchtungen scheinen sich schon zu bewahrheiten: BASF, Daimler und BMW meldeten jüngst, dass ihre Produktion in Ägypten vorerst ruht.

Von den deutschen Unternehmen sei aber bekannt, so Volker Treier, Chefvolkswirt des DIHK, dass sie den Standort nicht aufgeben wollten. "Dazu sind sie auch schon zu sehr mit Ägypten verwurzelt und sehen Ägypten als sehr guten Standort und auch als strategisch wichtigen Standort an." Daher heiße die Devise im Moment: abwarten.

Investitionen auf Eis gelegt

Erweiterungsinvestitionen lägen solange auf Eis, bis sich die Lage wieder entspanne, sagt Treier. Und auch neue Investoren aus dem Ausland warteten erst einmal ab - bis sich aus dem Chaos herausschält, wohin Ägypten geht. Sollten die Unruhen aber dazu führen, dass das Land mehr Demokratie, mehr Bildung, aber auch mehr Beteiligung am Wirtschaftsleben bekommt, dann könnte dies auch für die Privatwirtschaft attraktiv werden, glaubt Kalhöfer von Germany Trade and Invest. Das bleibe aber abzuwarten. Im Moment sehe es mehr danach aus, dass die Regierung in Kairo eine eher rückwärts gewandte Richtung einschlage: "Man kann nur hoffen, dass demokratische Prozesse angestoßen werden, dann werden die Investoren auch wieder kommen."

Autorin: Jutta Wasserrab

Redaktion: Monika Lohmüller