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Kosovo-Gespräche als "einmalige Chance"

17. November 2005

Im Interview mit DW-RADIO spricht UN-Diplomat Albert Rohan, Stellvertreter des Kosovo-Verhandlungsführers Ahtisaari, über europäisches Versagen auf dem Balkan, Pendeldiplomatie und Forderungen an die Verhandlungspartner.

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Interview mit DW-RADIOBild: DW

DW-RADIO/Albanisch: Wie sehen Sie jetzt Ihre neue Mission auf dem Balkan als Stellvertreter von Präsident Ahtisaari?

Albert Rohan: Wir müssen uns eingestehen, dass Europa in den 90er Jahren versagt hat auf dem Balkan. Es ist uns nicht gelungen, die Kriege zu verhindern oder die Krise zu lösen. Europa hat sich nicht mit sehr viel Ruhm bedeckt in dieser Angelegenheit. Aber jetzt haben wir die einmalige Chance, dass wir den Balkan, die gesamte Region, endgültig ein für alle mal stabilisieren können, mit der Heranführung des Balkans an die EU.

Worin sehen Sie die größte Schwierigkeit bei den anstehenden Verhandlungen?

Dass widersprüchliche Interessen vorhanden sind. Wir müssen versuchen, vier Interessen auf einen Nenner bringen: Das Interesse der albanischen Mehrheitsbevölkerung in Kosovo, der serbischen Bevölkerung in Kosovo, Belgrads und der internationalen Gemeinschaft an regionaler Stabilität. Keine Lösung soll einen Konflikt auslösen können. Das ist die ganze Problematik, wenn jede Partei hundertprozentig auf ihre Wunschvorstellungen beharrt, dann wird es schwer sein, eine Lösung zu finden. Es müssen Kompromisse gemacht werden von allen Seiten, aber es muss eine dauerhafte Lösung sein und sie muss die Stabilität der Region fördern.

Wird dafür eine Pendeldiplomatie nötig sein?

Es ist richtig, dass man bei einem so komplizierten Problem, wie es der Kosovo ist, nicht mit einer Verhandlungskonferenz beginnen kann. Diese würde nach zwei Stunden scheitern und auseinander gehen. Daher ist unsere Absicht in den nächsten Wochen, in die Region zu fahren, mit allen Parteien zu sprechen, aber auch mit den umliegenden Ländern zu sprechen, mit Mazedonien, Albanien, Montenegro. Vor allem mit den drei Parteien, das sind die Kosovo-Albaner, die Kosovo-Serben und Belgrad. Mit allen drei werden wir Gespräche führen, wir werden ihnen eine Gelegenheit geben, ihre Grundsatzpositionen vorzubringen.

Wann rechnen Sie mit dem Beginn der zweiten Phase?

Wir stehen immer bereit, wir sind auch bereit in einer Woche hinunter zufahren, wenn es Sinn macht, wenn die Parteien das wünschen und uns etwas zu sagen haben. Wenn unsere Aufforderung Ernst genommen wird, dass man selber an Lösungen arbeitet, dann ist Anfang Januar ein guter, realistischer Termin. Dann kann es zügig vorangehen.

Das Interview führte Anila Shuka, zurzeit Wien
DW-RADIO/Albanisch, 14.11.2005, Fokus Ost-Südost