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Millionen-Bußgeld

5. Oktober 2007

Die Schmiergeldaffäre kommt den Siemens-Konzern teuer zu stehen. Das Landgericht München verhängte eine Geldbuße von 201 Millionen Euro gegen Deutschlands größten Elektrokonzern. Weitere Strafen drohen.

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Die Siemens-Zentrale in München, Quelle: AP
Die Siemens-Zentrale in MünchenBild: picture-alliance/dpa
Vorstandschef Peter Löscher, Quelle: AP
Vorstandschef Peter LöscherBild: AP

Wegen schwarzer Kassen in seiner Kommunikationssparte Com muss der Siemens-Konzern 201 Millionen Euro zahlen. Das Landgericht München verhängte am Donnerstag (04.10.2007) eine Geldbuße und schloss damit das Straf- und Steuerverfahren in dem Kommunikationsbereich ab. Siemens akzeptierte die Geldbuße, die Entscheidung ist rechtskräftig. Vorstandschef Peter Löscher sagte: "Siemens steht zu seiner Verantwortung. Wir dulden kein gesetzwidriges Verhalten und ahnden Zuwiderhandlungen mit klaren Konsequenzen."

Ermittlungen eingestellt

Allerdings fahndet eine Anwaltskanzlei weiter nach verdächtigen Zahlungen in anderen Konzernbereichen. Zugleich erhob die Staatsanwaltschaft München in der Schmiergeld-Affäre erstmals Anklage gegen einen ehemaligen Siemens-Manager.

Bei der Korruptionsaffäre geht es um Zahlungen, die in den vergangenen Jahren für lukrative Aufträge im Ausland geflossen sein sollen. Wegen des Verdachts der systematischen Bestechung wurden auch Ermittlungsverfahren in der Schweiz und in den USA eröffnet. Vor allem von Seiten der US-Börsenaufsicht SEC drohen dem auch an der Wall Street notierten Siemens-Konzern drastische Strafen, sollte er gegen die strengen Regularien verstoßen haben.

Anklage gegen langjährigen Manager

Der Münchner Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld sagte, die Ermittlungen der Justiz gegen den Siemens-Konzern seien eingestellt worden. Allerdings betreffe dies nicht die Ermittlungsverfahren gegen mehrere ranghohe Konzern-Manager, die im Zuge der Affäre ebenfalls ins Visier der Justiz geraten waren.

Ex-Konzernchef Klaus Kleinfeld, Quelle: AP
Ex-Konzernchef Klaus KleinfeldBild: AP

In einem Siemens-Korruptionsverfahren erhob die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen den langjährigen Siemens-Manager Reinhard S. Zum Inhalt wollte das Landgericht München keine Angaben machen. Zunächst müsse die zuständige Kammer des Gerichts darüber entscheiden, ob diese zugelassen werde. Reinhard S. gilt als Schlüsselfigur in der Korruptionsaffäre. Er soll die schwarzen Kassen in der Com-Sparte zeitweise verwaltet haben. S. war im Jahr 2004 als Manager des Siemens-Bereichs ausgeschieden.

1,6 Milliarden Euro Schmiergelder?

Nach Angaben von Siemens stuften die deutschen Finanzbehörden Zahlungen von rund 450 Millionen Euro im ehemaligen Bereich Com als steuerlich nicht abzugsfähig ein. Damit seien dem Fiskus 179 Millionen Euro an Steuern entgangen, die Siemens zusätzlich zur Geldbuße nachzahlen müsse. Im Konzernabschluss habe Siemens bereits 168 Millionen Euro dafür verbucht.

Die Nachforschungen der Münchner Justiz hatten lediglich die Sparte Com betroffen. Der Telekommunikationsbereich ist inzwischen in einem Joint Venture mit dem finnischen Nokia-Konzern aufgegangen.

Ex-Konzernchef Heinrich von Pierer, Quelle: AP
Ex-Konzernchef Heinrich von PiererBild: AP

Der Konzern betonte, in den anderen Konzernbereichen gehe die Aufklärung weiter; die unabhängigen Untersuchungen der Kanzlei Debevoise and Plimpton zu weiteren Schmiergeldzahlungen im Konzern würden fortgesetzt. Das "Wall Street Journal Europe" hatte vor kurzem berichtet, die Anwaltskanzlei habe dem Aufsichtsrat mitgeteilt, dass im gesamten Konzern unregelmäßige Zahlungen von rund 1,6 Milliarden Euro geflossen seien sollen. Damit wären die verdächtigen Zahlungen rund viermal so hoch wie die 420 Millionen Euro, um die es im nun geregelten Fall der Com-Sparte ging.

Die Affäre um Schmiergeld-Zahlungen im Ausland hat den Siemens-Konzern in den vergangenen Monaten schwer erschüttert. Nach Ex-Konzern- und Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer musste auch dessen Nachfolger Klaus Kleinfeld wegen der Vorkommnisse seinen Posten räumen. Mit dem Österreicher Peter Löscher ist nun erstmals ein Manager Siemens-Chef, der nicht aus dem Konzern stammt. Löscher schuf zuletzt einen Vorstandsposten zur Korruptionsbekämpfung. (stu)