1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Korruption legt Brückenbau lahm

Burman, Sanjiv24. September 2012

30 Millionen Menschen soll sie an das moderne Verkehrsnetz anschließen: die geplante Padma-Brücke über den Ganges in Bangladesch. Doch nach massiven Korruptionsvorwürfen droht dem einstigen Prestigeprojekt das Aus.

https://p.dw.com/p/16CHz
Korruption in Bangladesch, Banknoten als Bestechung Datum: 06.12.2011 Eigentumsrecht: AHM Abdul Hai, Bengali Redaktion, DW, Bonn
Symbolbild Bangladesch Korruption Banknoten Geld BestechungBild: DW

In Südasien herrscht ein reges Interesse daran, die historischen internationalen Verkehrsadern der Region nach und nach wiederherzustellen und zu modernisieren. Sogar die als Erzfeinde geltenden Atommächte Indien und Pakistan bemühen sich um eine Lockerung des grenzübergreifenden Personen- und Güterverkehrs. Indien will einerseits die abgelegenen nordöstlichen Bundestaaten stärker in die allgemeine Entwicklung integrieren. Andererseits will Delhi mit einer eigens ausgerufenen "Ostpolitik" die Handelsbeziehungen mit Südostasien massiv ausbauen.

Dieses Vorhaben setzt aber verstärkte Investition in Verkehrsprojekte voraus. Bangladesch möchte als mögliches Transitland in den ASEAN-Raum auch von dieser Entwicklung profitieren und am angestrebten Wohlstand teilhaben. Ein Transitabkommen mit Indien ist bereits vorbereitet, konnte aber wegen einiger aktueller bilateraler Problemen noch nicht umgesetzt werden.

Teuerstes Verkehrsprojekt in der Geschichte Bangladeschs

Genau in diesem Zusammenhang erregt ein Infrastrukturprojekt in Bangladesch für besonderes Aufsehen. Die beiden mächtigen südasiatischen Flüsse Ganges und Brahmaputra fließen, bevor sie in den Indischen Ozean münden, durch Bangladesch. Am Zusammenfluss der beiden Ströme liegt das Gebiet Padma. Im Moment muss der Verkehr weit um dieses Gebiet herumgeleitet werden, da es hier noch keine Brücke gibt.

Bereits in der Amtszeit der letzten Regierung wurde eine mehr als sechs Kilometer lange Brücke sowohl für den Straßen- als auch für den Schienenverkehr geplant. Die Weltbank sollte das fast 3 Milliarden US-Dollar teure Großprojekt mitfinanzieren und eine Kreditsumme von 1,2 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen. Anfang 2011 wurden die Weichen gestellt, die Arbeit sollte unverzüglich beginnen. Das erklärte Ziel war, durch die bessere Verkehrsanbindung auch das Leben der rund 30 Millionen Menschen im Südwesten des Landes zu verbessern und dadurch das Wirtschaftswachstum im gesamten Land anzukurbeln. Nie zuvor hatte die Weltbank einem Projekt in Bangladesch eine solch hohe Summe zugesprochen.

Widersprüchliche Signale der Weltbank

Doch dann geriet die Finanzierung ins Stocken: Die Weltbank erhob schwere Korruptionsvorwürfe unter anderem gegen eine kanadische Firma und hochrangige Regierungsvertreter und zog Ende Juni 2012 ihre Beteiligung zurück. Dadurch geriet Premierministerin Sheikh Hasina zunehmend unter Druck, obwohl sie versucht, die Verantwortung für die Unregelmäßigkeiten auf die frühere Regierung zu schieben. Denn die Fertigstellung der Padma-Brücke war eines ihrer wichtigsten Wahlversprechen.

Im Mai 2011 unterzeichnete Bangladesch einen 140-Millionen-Dollar-Kredit mit der Islamischen Entwicklungsbank (Foto:DW)
Im Mai 2011 unterzeichnete Bangladesch einen 140-Millionen-Dollar-Kredit mit der Islamischen EntwicklungsbankBild: DW

Andere potentielle Geldgeber wie die Asiatische Entwicklungsbank, die japanischen Agentur für internationale Zusammenarbeit und die Regierung von Malaysia sollten nun die Finanzlücke schließen und das Projekt vorantreiben. Die Weltbank deutete nun jedoch an, das Projekt eventuell doch wieder mitzufinanzieren – aber nur dann, wenn die Regierung von Bangladesch die Korruptionsbekämpfung weiter vorantreibe. Einige ihrer Ansicht nach bestechliche Funktionäre müssten unverzüglich von ihren Aufgaben entbunden werden.

Geheimagenten der Weltbank?

Verkehrsminister Hossain wurde bereits versetzt, Wirtschaftsberater Mashiur Rahman soll folgen. Medienberichten zufolge ist auch er bereits beurlaubt worden, er selbst will davon aber nichts wissen. Stattdessen erhebt er selbst schwerwiegende Vorwürfe gegen die Weltbank: Die Institution unterhalte "ein Netzwerk von Geheimagenten in Bangladesch" und versuche, eigene Fehler beim Projekt zu vertuschen. Tatsächlich gibt es in Bangladesch Vorwürfe, die Weltbank habe sich unter dem Einfluss der US-Regierung aus dem Projekt zurückgezogen, nachdem die Regierung von Bangladesch zuvor den berühmten Nobelpreisträger Muhammad Yunus als Generaldirektor der von ihm selbst gegründeten Mikrokredit-Bank geschasst hatte.

Der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Imtiaz Ahmed sieht kaum noch Chancen, dass das Projekt während der laufenden Legislaturperiode ins Rollen kommt. "Ich glaube, die Voraussetzungen der Weltbank sind immer noch nicht erfüllt. Einige Kündigungen und Rücktritte haben zwar stattgefunden, aber die Rolle des Wirtschaftsberaters Mashiur Rahman ist immer noch nicht klar. Die Zeit ist sehr knapp. Selbst bei einer positiven Entscheidung ist es sehr unwahrscheinlich, dass die jetzige Regierung es schaffen würde. Ich glaube, wir müssen bis zu den nächsten Wahlen warten.“

Eine überfüllte Fähre auf dem Buriganga-Fluss in Dhaka (Foto:dpa)
Bislang muss der Verkehr über veraltwete und überfüllte Fähren abgewickelt werdenBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Viel Raum für Korruption

Während Europa und die USA unter der Finanz- und Wirtschaftskrise leiden, blüht die Wirtschaft in Asien auf. Riesige Infrastrukturprojekte verändern das Schicksal vieler Regionen, schaffen Arbeitsplätze, kurbeln die Wirtschaft weiter an. Während etwa China in unglaublicher Geschwindigkeit neue Staudämme, Autobahnen, Brücken und Bahnnetze baut, tun sich aber Länder wie Indien schwer, die heimische Infrastruktur zu verbessern. Demokratische Staaten haben einen engeren Spielraum, was wichtige Entscheidungen und ihre Durchführung angeht. Die Bürger verfügen über rechtstaatliche Instrumente, die oft Großprojekte verlangsamen, gar verhindern können. Der komplizierte Entscheidungsprozess schafft andererseits auch viel Raum für Korruption, die bereits bei der Auftragsvergabe beginnen kann.