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Korruption an russischen Universitäten offenes Geheimnis

25. August 2005

Eine Plage, die praktisch alle Gesellschaftsschichten in der russischen Kaukasus-Region erfasst hat, ist die Korruption. Auch das Bildungswesen ist betroffen. Ein Bericht über die Nordossetische Staatliche Universität.

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Karte von Nordossetien, RusslandBild: DW

Es ist kein Geheimnis, dass Abiturienten direkt oder indirekt für ihren Abschluss zahlen. So sieht es auch an den Hochschulen aus. Die Nordossetische Staatliche Universität ist eine der größten Hochschulen im Süden Russlands und die angesehenste in Nordossetien. Die Absolventen der Hochschule stammen vor allem aus Kreisen, die wichtige Posten in den Behörden der Republik innehaben.

Keine Anzeigen wegen Korruption

Über die Korruption an der Universität, wie auch an anderen russischen Hochschulen, wird offen gesprochen. Aber in den vergangenen Jahren gab es kein einziges Strafverfahren und keinen einzigen Korruptionsskandal. Korruption wird nicht dokumentiert. Diese Situation kann man unterschiedlich interpretieren. Es könnte ein Beweis dafür sein, dass jede der Seiten mit ihr zufrieden ist. Die Dozenten haben materielle Motive und viele Studenten, vor allem aus reichen Familien, zahlen lieber für jede Prüfung, anstatt ernsthaft die Fächer zu studieren. Vertreter der Rechtsschutzorgane haben formal keinen Anlass, einzugreifen, weil es keine Anzeigen wegen Korruption gibt. Außerdem wollen sie selbst einen Hochschulabschluss für ihre eigenen Kinder sicherstellen.

Korrupte Karrieren

Die Fakultäten sind in angesehene und weniger angesehene unterteilt, abhängig davon, wie schnell ein Absolvent später mit einem gutbezahlten Job die Ausgaben für die Ausbildung wieder verdienen kann. An erster Stelle stehen traditionell die Juristische und Ökonomische Fakultät. Die Absolventen dieser Fakultäten erhalten meist gegen Schmiergeld eine Arbeitsstelle, die es wiederum ermöglicht, Schmiergelder einzunehmen. Das sind vor allem Posten beim Zoll, in den Finanzbehörden und in den Rechtsschutzorganen.

7000 Dollar für die Immatrikulation

Ein Student, der ungenannt bleiben möchte, berichtete der Deutschen Welle über die Juristische Fakultät: "Ich habe die Schule mit guten Noten abgeschlossen. Es gelang mir aber nicht, an der Universität angenommen zu werden. Es gibt ein gewisses System. Nach Gesprächen wurde ich schließlich in die Juristische Fakultät aufgenommen. Diese Gespräche kosten immer mehr. Dieses Jahr kosten sie etwa 7000 Dollar. Ich weiß, dass man sich mit 90 Prozent der Dozenten über die Noten einigen kann. Es gibt aber einige Dozenten, die nicht käuflich sind. Es ist aber unrealistisch, ohne Schmiergeld aufgenommen zu werden. Vielleicht schaffen dies einige geniale Studenten, aber das ist bestimmt nur ein Prozent, nicht mehr."

Julija Iwanidse, Wladikawkas
DW-RADIO/Russisch, 23.8.2005, Fokus Ost-Südost