1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Korrupte Regime ächten"

Thomas Kohlmann9. Oktober 2015

Um den Menschen in den Krisenländern der Welt eine Zukunft zu geben, fordert BGA-Chef Anton Börner im Gespräch mit der DW mehr politischen Druck auf Regime, die ihre Bevölkerung in die Flucht treiben.

https://p.dw.com/p/1GlUi
Deutschland Anton Börner von BGA
Bild: picture-alliance/dpa/T. Brakemeier

Deutsche Welle: Wie sehen Sie als Verbandschef die derzeitige Flüchtlingssituation? Eher als Chance oder sehen Sie doch die lang ersehnten Fachkräfte in weiter Ferne?

Anton Börner: Ein Unternehmer muss ja immer optimistisch sein. Ich sehe es natürlich als Chance. Es bleibt mir auch nichts anderes übrig. Ich glaube, wir müssen mit den Fakten umgehen, wie sie nun mal sind. Wir müssen das Beste daraus machen. Ich sehe das als nationale Aufgabe. Wenn wir dieses Problem aktiv angehen, dann glaube ich, können wir es zwar nicht lösen, aber wir bekommen es in den Griff.

Wichtig erscheint mir allerdings, dass wir politisch alle Register ziehen, damit es in den Ländern zu einer Verbesserung der Situation für die Menschen kommt. Da ist die Politik gefordert und das nicht nur in Nah- und Mittelost, sondern auch in den zentralafrikanischen Staaten. Man muss einfach diese Regime, die von Korruption und Ausbeutung leben, international ächten. Da muss man politisch mit harten Bandagen auftreten. Diese Regime müssen eine Ausgangsposition schaffen, dass man dort investieren und so den Menschen in den Ländern auch eine Zukunft geben kann.

Wandel durch Handel?

Nicht nur Wandel durch Handel. Auch die politischen Seite muss etwas robuster auftreten.

Zu einem anderen Thema: Der deutsche Export brummt weiter. Einige Faktoren, die die deutsche Exportwirtschaft zuletzt begünstigt haben, liegen außerhalb des Einflusses der Unternehmen: Der schwächere Euro oder der niedrigere Ölpreis. Was geschieht, wenn sich das ändert? Wie robust ist die deutsche Exportwirtschaft?

Natürlich hilft uns der günstige Wechselkurs. Aber wir haben eine jahrzehntelange Erfahrung, mit steigenden Wechselkursen umzugehen. Ich bin da nicht pessimistisch. An den Finanzmärkten haben wir ja auch die Möglichkeit, uns gegen solche Risiken abzusichern. Außerdem glaube ich nicht, dass der Eurokurs explodiert. Woher soll das auch kommen?

Die niedrigen Ölpreise wirken immer wie eine Konjunkturstütze: generell für energieintensive Unternehmen, aber auch für die Binnenwirtschaft. Das darf man nicht unterschätzen. Und von dort gehen dann wieder Impulse ins Ausland. Also insgesamt sehe ich das eher positiv, als dass ich besorgt bin.

Die Schwäche der Schwellenländer hält an. Die Ungewissheit über die Zinswende in den USA bleibt bestehen. Und die niedrigen Rohstoff- und Ölpreise bedeuten auch, dass die Nachfrage aus diesen Ländern eher unterdurchschnittlich bleiben wird. Wie sieht Ihr Ausblick aus?

Sicher ist es richtig, dass die Schwellenländer Schwierigkeiten haben und wahrscheinlich auch noch mehr bekommen werden. Was mir in dem Zusammenhang mehr Sorgen bereitet ist die Situation in China. Da ist es relativ undurchsichtig. Sind die Zahlen alle richtig? Man weiß immer nicht so genau, was in China echt und was geschönt ist.

Deutschland ist aber hier und in der Welt sehr breit aufgestellt. Aus den Vereinigten Staaten wird eine unheimliche Nachfrage kommen. Das setzt erhebliches Kompensationspotential frei. Wenn man das insgesamt bilanziert, sehe ich das für uns als durchaus verkraftbar an. Man muss deshalb keine Angst um die Konjunktur haben.

Als Verbandschef müssen in bestimmten Bereichen auch auf der Hut sein. Wo liegen die aktuellen Unsicherheiten?

Wir haben ja die leidige Diskussion mit der Autogeschichte. Da wissen wir aber noch nicht genau, wie sich das entwickelt. Ich bin eher verhaltend optimistisch. Ich glaube, das wird nicht so durchschlagen, weil Deutschland nicht nur für Autos steht und wir sehr diversifiziert sind.

Letztlich stellen wir Investitionsgüter her und die kann man nicht so schnell ersetzen. Und ich glaube auch nicht, dass das Label "Made in Germany" kurzfristig, mittelfristig und langfristig schon gar nicht, irgendwie in Mitleidenschaft gezogen wird. Es kann sein, dass es vielleicht einen kleinen Dämpfer gibt. Es gibt ja auch Wissenschaftler, die sagen, es werde vielleicht eine kleine Wachstumsdelle geben. Aber die wäre so minimal, dass es sich im Grunde genommen nicht auswirken wird.

Welche Regionen stehen bei Ihnen unter besonderer Beobachtung?

Ich sehe, wenn man von Schwierigkeiten oder Problemen redet, natürlich den Nahen und den Mittleren Osten mit großer Sorge. Das ist ein Pulverfass, das momentan sehr stark an Momentum gewinnt. Wie sich das auswirkt, weiß ich nicht, aber ich sehe mit großer Sorge. Denn die Region ist für uns natürlich auch ein großer, wichtiger Markt. Da haben wir jetzt zwei Faktoren, die negativ sind: Einmal der niedrige Ölpreis - die Länder dort haben weniger Geld und geben weniger aus. Auf der anderen Seite gibt es diese politische Unsicherheit - und das ist immer schlecht.

Positiv wiederum kann man sagen: Wenn der Iran das mit den Verträgen erst nimmt, werden die Sanktionen über kurz oder lang gelockert. Vielleicht sogar ganz aufgehoben. Das gibt uns schon einen großen Schub, wir könnten mit neuen Aufgaben rechnen. Also, alles zusammengerechnet: es wird keine euphorischen Zahlen geben, aber man muss natürlich auch die Basis sehen, wo wir stehen im Außenhandel. Da sehe ich kein Minus und auch keine Stagnation, sondern auch ein verhaltenes Plus - auch in das nächste Jahr hinein.

Anton Börner ist seit 2001 Präsident des Bundesberbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA)

Das Interview führte Thomas Kohlmann