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Korrupte Politiker im Visier der bosnischen Justiz

13. Oktober 2005

In Sarajewo hat am Dienstag (11.10.) der Prozess gegen einen hohen politischen Vertreter von Bosnien-Herzegowina begonnen. Angeklagt wegen Korruption ist Dragan Covic, ehemaliges Mitglied der kollektiven Staatsführung.

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Bosnischer Kroate muss sich wegen Bestechung verantwortenBild: AP

Vor Gericht stehen das ehemalige kroatische Mitglied der Präsidentschaft und Vorsitzender der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), Dragan Covic, zudem der Präsident des Verfassungsgerichts von Bosnien-Herzegowina, Mate Tadic, sowie fünf weitere bosnisch-herzegowinische Kroaten.

Schwere Vorwürfe gegen ehemaligen Finanzminister

Nach dem kürzlich beendeten Gerichtsverfahren gegen das ehemalige Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina und ehemaligem Vorsitzenden der HDZ, Ante Jelavic, hat sich nun auch ein weiteres ehemaliges Mitglied der kollektiven Staatsführung und aktueller Vorsitzender der größten Partei der bosnisch-herzegowinischen Kroaten, Dragan Covic, vor Gericht eingefunden. Die Anklage wirft diesem Politiker Amtsmissbrauch, nachlässige Arbeit im Amt, Vereinbarung einer Straftat sowie die Teilnahme an organisiertem Verbrechen vor. Covic ist angeklagt, weil er als Finanzminister in der Regierung der Föderation Bosnien-Herzegowina vor sechs Jahren die Firma Lijanovic aus Herzegowina von Steuern, Gebühren und Zöllen befreit habe. Dadurch sei im Budget der Föderation ein Schaden in zehnfacher Millionenhöhe Konvertibler Mark entstanden. Der Anklage zufolge erhielt Covic dafür hohe Geldsummen. Gemeinsam mit Covic befinden sich auf der Anklagebank der Präsident des Verfassungsgerichts von Bosnien-Herzegowina, Mate Tadic, vier der Brüder Lijanovic, Eigentümer der gleichnamigen Firma, und ein Professor, Zdravko Lucic. Tadic ist ebenfalls in diesen Fall verwickelt, weil er früher als Richter der Firma Lijanovic geholfen habe, Gerichtsverfahren gegen sie abzuwenden. Dafür sei er von den Eigentümern bestochen worden.

Korruption kein Einzelfall

Aus HDZ-Kreisen war zuvor zu vernehmen, dass der Prozess gegen Covic politische motiviert sei. Derartige Kommentare waren bereits während des Verfahrens gegen Ante Jelavic aufgekommen. Gegen ihn wurde Anklage erhoben, weil er Gelder aus Kroatien, die für bosnisch-herzegowinische Kroaten vorgesehen waren, veruntreut hat. Nachdem Jelavic zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, verschwand er aus Bosnien-Herzegowina. Medienberichten zufolge befindet er sich im benachbarten Kroatien, das bislang keinerlei Anstalten macht, ihn an Bosnien-Herzegowina auszuliefern. Der Prozess gegen Dragan Covic und seine Mitangeklagten wird sicherlich kompliziert werden und lange dauern. Der Vorsitzende des Gerichtshofes, Jonathan Rattel, wies jedoch umgehend zurück, dass die Anklage gegen den Vorsitzenden der HDZ und die übrigen sechs Angeklagten in dieser Korruptionsaffäre zurückgezogen werden könnte.

Zoran Pirolic, Sarajewo
DW-RADIO/Bosnisch, 11.10.2005, Fokus Ost-Südost