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"Korrekte Beziehung zu Männern und zu Frauen pflegen"

29. November 2005

Der Vatikan hat verfügt, dass Homosexuelle nicht zu Priestern geweiht werden dürfen. Die Katholische Nachrichten-Agentur dokumentiert die Instruktion in der offiziellen deutschen Fassung.

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Bild: AP

Instruktion über Kriterien zur Berufungsklärung von Personen mit homosexuellen Tendenzen im Hinblick auf ihre Zulassung für das Priesterseminar und zu den Heiligen Weihen

Einleitung

In Kontinuität mit der Lehre des II. Vatikanischen Konzils und insbesondere mit dem Dekret über die Priesterausbildung Optatam totius hat die Kongregation für das Katholische Bildungswesen verschiedene Dokumente veröffentlicht, um eine angemessene und umfassende Ausbildung der künftigen Priester zu fördern. Zu ihren verschiedenen Aspekten wurden Orientierungshilfen und genaue Normen vorgelegt. Inzwischen hat auch die Bischofssynode von 1990 über die Priesterausbildung unter den gegenwärtigen Bedingungen nachgedacht, um die Lehre des Konzils zu diesem Thema zu vervollständigen und für die Welt von heute deutlicher und wirksamer zu machen. Im Anschluss an diese Synode hat Johannes Paul II. das nachsynodale Apostolische Schreiben Pastores dabo vobis veröffentlicht.

Im Licht dieser reichhaltigen Lehre beabsichtigt die vorliegende Instruktion nicht, alle Fragen im affektiven und sexuellen Bereich zu behandeln, die eine aufmerksame Klärung während der ganzen Ausbildungszeit erfordern. Sie enthält Normen zu einer besonderen Frage, die durch die gegenwärtige Situation dringlicher geworden ist. Es geht darum, ob Kandidaten, die tief sitzende homosexuelle Tendenzen haben, für das Priesterseminar und zu den heiligen Weihen zugelassen werden sollen oder nicht.

1. Affektive Reife und geistliche Vaterschaft

Gemäß der beständigen Überlieferung der Kirche empfängt die heilige Weihe gültig nur ein getaufter Mann. Im Sakrament der Weihe wird der Kandidat durch den Heiligen Geist in neuer und spezifischer Weise Jesus Christus gleichgestaltet: In der Tat verkörpert der Priester sakramental Christus, das Haupt, den Hirten und den Bräutigam der Kirche. Auf Grund dieser Gleichgestaltung mit Christus muss das ganze Leben des geweihten Dieners von der Hingabe seiner ganzen Person an die Kirche und von einer authentischen Hirtenliebe durchdrungen sein.

Der Kandidat für das Weiheamt muss deshalb zur affektiven Reife gelangen. Eine solche Reife wird ihn befähigen, eine korrekte Beziehung zu Männern und zu Frauen zu pflegen, und in ihm einen wahren Sinn für die geistliche Vaterschaft gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft, die ihm anvertraut wird, zu entwickeln.

2. Homosexualität und Weiheamt

Vom II. Vatikanischen Konzil bis heute haben verschiedene lehramtliche Dokumente - insbesondere der Katechismus der Katholischen Kirche - die kirchliche Lehre über die Homosexualität bekräftigt. Der Katechismus unterscheidet zwischen homosexuellen Handlungen und homosexuellen Tendenzen.

Bezüglich der homosexuellen Handlungen lehrt er, dass sie in der Heiligen Schrift als schwere Sünden bezeichnet werden. Die Überlieferung hat sie stets als in sich unsittlich und als Verstoß gegen das natürliche Gesetz betrachtet. Sie können daher in keinem Fall gebilligt werden.

Die tief sitzenden homosexuellen Tendenzen, die bei einer gewissen Anzahl von Männern und Frauen vorkommen, sind ebenfalls objektiv ungeordnet und stellen oft auch für die betroffenen Personen selbst eine Prüfung dar. Diesen Personen ist mit Achtung und Takt zu begegnen; man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Sie sind berufen, den Willen Gottes in ihrem Leben zu erfüllen und die Schwierigkeiten, die ihnen erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.

Im Licht dieser Lehre hält es dieses Dikasterium im Einverständnis mit der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung für notwendig, mit aller Klarheit festzustellen, dass die Kirche - bei aller Achtung der betroffenen Personen - jene nicht für das Priesterseminar und zu den heiligen Weihen zulassen kann, die Homosexualität praktizieren, tief sitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine so genannte homosexuelle Kultur unterstützen.

Die genannten Personen befinden sich nämlich in einer Situation, die in schwer wiegender Weise daran hindert, korrekte Beziehungen zu Männern und Frauen aufzubauen. Die negativen Folgen, die aus der Weihe von Personen mit tief sitzenden homosexuellen Tendenzen erwachsen können, sind nicht zu übersehen.

Falls es sich jedoch um homosexuelle Tendenzen handelt, die bloß Ausdruck eines vorübergehenden Problems wie etwa einer noch nicht abgeschlossenen Adoleszenz sind, so müssen sie wenigstens drei Jahre vor der Diakonenweihe eindeutig überwunden sein.

3. Die Feststellung der Eignung der Kandidaten durch die Kirche

Jede Priesterberufung enthält zwei voneinander nicht trennbare Aspekte: die ungeschuldete Gabe Gottes und die verantwortliche Freiheit des Menschen. Die Berufung ist ein Geschenk der göttlichen Gnade, das durch die Kirche, in der Kirche und zum Dienst an der Kirche empfangen wird. Der Mensch schenkt sich Gott freiwillig, indem er in Liebe auf seinen Ruf antwortet. Der bloße Wunsch, Priester zu werden, reicht nicht aus, und es besteht kein Recht darauf, die heilige Weihe zu empfangen. In ihrer Verantwortung, die notwendigen Voraussetzungen für den Empfang der von Christus eingesetzten Sakramente zu bestimmen, steht es der Kirche zu, die Eignung dessen festzustellen, der in das Priesterseminar eintreten will, ihn während der Jahre der Ausbildung zu begleiten und ihn zu den heiligen Weihen zu rufen, wenn erwiesen ist, dass er über die erforderlichen Eigenschaften verfügt.

Die Ausbildung des künftigen Priesters muss in der wesentlichen gegenseitigen Ergänzung der vier Ausbildungsdimensionen erfolgen: der menschlichen, der geistlichen, der wissenschaftlichen und der pastoralen. In diesem Zusammenhang gilt es, die besondere Bedeutung der menschlichen Ausbildung zu unterstreichen, die das unverzichtbare Fundament der ganzen Ausbildung darstellt. Um einen Kandidaten zur Diakonenweihe zuzulassen, muss die Kirche unter anderem feststellen, dass die affektive Reife des Kandidaten für das Priestertum erlangt wurde.

Der Ruf zu den Weihen liegt in der persönlichen Verantwortung des Bischofs oder des höheren Oberen. Unter Berücksichtigung des Gutachtens jener, denen sie die Verantwortung für die Ausbildung anvertraut haben, müssen der Bischof oder der höhere Obere vor der Zulassung eines Kandidaten zur Weihe zu einem moralisch sicheren Urteil über seine Eignung gelangen. Im Fall eines ernsten Zweifels daran dürfen sie ihn nicht zur Weihe zulassen.

Die Prüfung der Berufung und der Reife des Kandidaten ist auch eine gewichtige Aufgabe des Rektors und der anderen Seminarerzieher. Vor jeder Weihe muss der Rektor sein Urteil über die von der Kirche verlangten Voraussetzungen des Kandidaten abgeben.

Bei der Prüfung der Eignung für die Weihe fällt dem Spiritual eine wichtige Aufgabe zu. Wenngleich er an die Verschwiegenheit gebunden ist, vertritt er doch die Kirche im Forum internum. Im Rahmen der Gespräche mit dem Kandidaten muss der Spiritual vornehmlich an die kirchlichen Anforderungen bezüglich der priesterlichen Keuschheit und der für den Priester erforderlichen affektiven Reife erinnern. Auch muss er ihm unterscheiden helfen, ob er die nötigen Voraussetzungen hat. Er hat die Pflicht, alle Eigenschaften der Persönlichkeit zu bewerten und sich zu vergewissen, dass der Kandidat keine Schwierigkeiten im sexuellen Bereich hat, die mit dem Priestertum unvereinbar sind. Wenn ein Kandidat Homosexualität praktiziert oder tief sitzende homosexuelle Tendenzen hat, sind der Spiritual wie auch der Beichtvater im Gewissen verpflichtet, ihm abzuraten, weiter den Weg zur Weihe zu beschreiten.

Selbstverständlich gilt, dass der Kandidat selbst der erste Verantwortliche für seine eigene Ausbildung ist. Er muss sich vertrauensvoll dem Urteil der Kirche, des Bischofs, der zu den Weihen ruft, des Seminarrektors, des Spirituals und der anderen Seminarerzieher überlassen, denen der Bischof oder der höhere Obere die Aufgabe der Ausbildung der künftigen Priester anvertraut hat. Es wäre in schwer wiegendem Maß unehrlich, wenn ein Kandidat die eigene Homosexualität verbergen würde, um - trotz allem - zur Weihe zu gelangen. Eine derart unaufrichtige Haltung entspricht nicht dem Geist der Wahrheit, der Zuverlässigkeit und der Verfügbarkeit, der die Persönlichkeit jener auszeichnen muss, die sich berufen fühlen, Christus und seiner Kirche im priesterlichen Amt zu dienen.

Schluss

Diese Kongregation bekräftigt die Notwendigkeit, dass die Bischöfe, die höheren Oberen und alle zuständigen Verantwortlichen eine aufmerksame Prüfung bezüglich der Eignung der Weihekandidaten von der Aufnahme in das Priesterseminar bis zur Weihe durchführen. Diese Prüfung muss im Licht eines Priesterbildes erfolgen, das der kirchlichen Lehre entspricht.

Die Bischöfe, die Bischofskonferenzen und die höheren Oberen haben darüber zu wachen, dass die Bestimmungen dieser Instruktion treu befolgt werden, zum Wohl der Kandidaten selbst und um der Kirche stets geeignete Priester und wahre Hirten nach dem Herzen des Herrn zu gewährleisten.

Papst Benedikt XVI. hat die vorliegende Instruktion am 31. August 2005 approbiert und ihre Veröffentlichung angeordnet.

Rom, am 4. November 2005, dem Gedenktag des hl. Karl Borromäus, des Patrons der Seminare.

Zenon Card. Grocholewski, Präfekt

J. Michael Miller. O.S.B, Titularerzbischof von Vertara, Sekretär